CfP: ‚Frauenpolitik‘ im geteilten Deutschland 1975 – das Internationalen Jahr der Frau und seine Folgen (11/2025, Kassel); bis: 15.06.2025

Archiv der deutschen Frauenbewegung Kassel (AddF); Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Univ. Bayreuth und LWL-Institut für Regionalgeschichte (IfR) Münster

Zeit: 13.11.2025
Ort: AddF, Kassel
Einreichfrist: 15.06.2025

Das Internationale Jahr der Frau (IJdF) der UN im Jahr 1975 wird als „Wendepunkt“ in der Geschichte von Frauen weltweit bezeichnet.(1) Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass über dieses Ereignis in der Geschichte des geteilten Deutschlands bisher vergleichsweise wenig bekannt ist.(2) Bereits zu Beginn der 1970er-Jahre veranlasste die UN nationale Studien, um das IJdF auch empirisch vorbereiten zu können. Damit wurde ein Prozess angestoßen, in dessen Verlauf die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern als Problem klar benannt wurde. Ziel der Initiative war es, die weltweite soziale Benachteiligung von Frauen sichtbar zu machen und staatliche Maßnahmen zur Überwindung von Geschlechterungleichheit anzuregen.
In beiden deutschen Staaten traf dieser Auftrag auf ein geteiltes Echo, denn die jeweiligen staatliche Stellen nutzten das IJdF, um ihre Vorstellungen von der ‚richtigen Emanzipation der Frau‘ vor dem Hintergrund der Systemkonkurrenz im Kalten Krieg zu präsentieren. So ließ sich in dieser Frage auf deutschem Boden eine „Lagerspaltung“ (Lea Börgerding) beobachten. Initiativen einer liberal-westlichen Frauenbewegung, die für eine politisch-rechtliche Gleichstellung und für Selbstbestimmung eintraten, trafen auf Initiativen des globalen Südens und des Sowjetblocks, die auf eine Emanzipation setzten, die sich stark mit sozioökonomischen Faktoren verband.
Die staatlichen Stellen der DDR nutzte das Jahr sehr effektiv für ihre eigenen Interessen und nahmen gezielt Einfluss auf die thematische Setzung des Weltkongresses, der in Ost-Berlin stattfand. In der Bundesrepublik wurde das IJdF sowohl von staatlicher Seite – die damals amtierende Bundestagspräsidentin Annemarie Renger übernahm den Vorsitz – als auch von Fraueninitiativen und -verbänden genutzt. Der Deutsche Frauenrat als Dachverband der bundesdeutschen Frauenverbände unterstützte die staatliche Politik, erhob aber zugleich Forderungen nach effektiverer Gleichberechtigung, womit er sich vorsichtig gegen die Frauenpolitik der Regierung stellte. Die autonomen Frauenbewegungen in der BRD hingegen boykottierten das IJdF als Instrumentalisierung von Fraueninteressen.

Die eintägige Tagung möchte Arbeiten zum IJdF aus zeithistorischer Perspektive vorstellen und diskutieren und Machtdynamiken im IJdF in West- und Ostdeutschland zwischen staatlicher und zivilgesellschaftlicher Frauenpolitik sichtbar machen. Gleichzeitig sollen Quellen vorgestellt werden, die bei der Erforschung des IJdF von Bedeutung sind. Eine Ausdehnung des Forschungsinteresses über das IJdF zur ‚Dekade der Frau 1975-1985‘ wird angestrebt, deren mögliche Effekte für die Geschichte beider deutscher Staaten ebenfalls ausgelotet werden sollen.

Wenn Sie sich mit ihren Forschungen beteiligen wollen, bitten wir um ein kurzes Exposé bis zum 15. Juni 2025 an Mette Bartels: bartels@addf-kassel.de
Bei inhaltlichen Rückfragen wenden Sie sich bitte an Julia Paulus: Julia.Paulus@lwl.org

Fahrt- und evtl. Übernachtungskosten werden übernommen.

(1) Siehe Silke Neunsinger / Ragnheidur Kristjansdottir: 1975: Globaler Wendepunkt im Kampf für gleichen Lohn? Mikrostudie zur Globalisierung von Lohngleichheit, in: Wiebke Wiede / Johanna Wolf / Rainer Fattmann (Hg.): Gender Pay Gap. Vom Wert und Unwert von Arbeit in Geschichte und Gegenwart, Bonn 2023, S. 261-281.
(2) Eine Ausnahme ist der Artikel von Lea Börgerding: Der Kalte Krieg im Internationalen Jahr der Frau 1975. Westdeutsche Fraueninitiativen und der Weltkongress in Ost-Berlin, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 2, 2021, S. 109-124 und ein Kapitel von Lara Track in ihrer Monografie: Frieden und Frauenrechte im kalten Krieg. Women Strike for Peace und die amerikanische Frauenrechtsbewegung im Spiegel transnationaler Kooperationen, 1961-1990, Bielefeld 2024.

Quelle: HSozKult