Workshop: Gasthäuser und Gastwirt:innen – in Langzeitperspektive, 16.-17.10.2025, Brixen

Zentrum für Regionalgeschichte, Brixen (Web); Projekt ALPINNKONNECT (Web) am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Univ. Wien und Touriseum Trauttmansdorff; Siglinde Clementi und Margareth Lanzinger

Zeit: 16.-17.10.2025
Ort: Brixen|Bressanone|Persenon

Programm (Web)

Gasthäuser sind ein essentieller Bestandteil der touristischen Infrastruktur. Heute meist ausdifferenziert in Restaurant und Hotel, bieten sie den Gästen Essen und Trinken, Übernachtungsmöglichkeiten und vieles andere mehr. Werbetexte betonen gerne die ruhige Lage und vermarkten die Nähe zu Skipisten, Aufstiegsanlagen oder Wanderwegen. Werbefotos sind bemüht, entsprechende Bilder zu erzeugen. Gasthäuser, die für das leibliche Wohl sorgen und Gäste über Nacht beherbergen, gibt es allerdings nicht erst, seitdem die Alpen und damit auch Südtirol im Lauf des 19. Jhds. ein bevorzugtes Ziel für Sommerfrischler:innen und Alpinist:innen, für die ‚Fremden‘ und später für Tourist:innen wurden. Denn Gasthäuser erfüllten bereits seit dem Spätmittelalter und in zunehmendem Maß seit dem 16. Jhd. genau diese Versorgungsaufgaben.
Die große Anzahl von Gasthäusern, die für das frühneuzeitliche Südtirol dokumentiert sind und die zum Teil bis heute fortbestehen, lässt sich auch nicht allein mit den Reisen Richtung Süden von Künstlern, Gelehrten, Pilger:innen, Diplomaten und Adeligen erklären. Vielmehr standen sie – wiederum als essenzielle Infrastruktur – in Zusammenhang mit dem überaus regen Handel, mit dem Transport und dem Transit von Waren durch Tirol, der über die Jahrhunderte einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellte. Überall dort, wo Pferde gewechselt, Waren auf- und abgeladen wurden, Zoll zu bezahlen war, Wegstrecken eine gewisse Länge oder Saumpfade eine gewisse Höhe erreichten, standen Wirtshäuser oder zumindest ein Hospiz, verdichtet in den zentralen Durchzugsorten wie Klausen oder Sterzing, aber auch auf den zahlreichen Nebenrouten über Berge und Pässe. Zu Gast waren Fuhrleute und Säumer, Wanderhändler:innen und Hausierer:innen, Vieh- und Weinhändler, aber auch transkontinental agierende Kaufleute, unterwegs etwa zu den Bozner Messen, oder Schmuggler:innen. Gasthäuser waren Drehscheibe für den regionalen Zahlungsverkehr und für Kredite. Große Gasthäuser an zentralen Orten, in Tirol „Wirtstafern“ genannt, hatten einen bestimmten Rechtsstatus. Gastwirte konnten mit öffentlichen Verwaltungsagenden betraut sein, etwa wenn sie Melderegister führen mussten. Sie waren pluriaktive Player und fungierten vielfach als Amtsträger in Städten, Märkten und Gerichten und auch als Vormünder und Zeugen, Gastwirte und Gastwirtinnen als Paten und Patinnen. Gastwirt:innen an Transitrouten fallen nicht zuletzt durch ein Heiratsmuster auf: Die Frauen kamen vielfach und großräumiger aus Gastwirtsfamilien und brachten neben ihrer einschlägigen Sozialisation, ihren Kontakten und Netzwerken, auch beträchtliches Vermögen mit in die Ehe.

Ziel des Workshops ist es, diese lange Geschichte im alpinen Raum und darüber hinaus in einer breiten multiperspektivischen Herangehensweise zu beleuchten und sie damit in den Vordergrund zu rücken, denn sie scheint weitgehend vergessen. Auf den an alten Gasthäuern angebrachten Infotafeln wird auf frühe Besitzerfamilien und prominente Gäste verwiesen, die historische Bedeutung von Handel, Transport und Transit bleibt jedoch unerwähnt und damit unsichtbar. Aktuell sind Transport und Transit wegen der damit verbundenen Verkehrs- und Umweltproblematiken nicht positiv konnotiert, historisch boten sie ein wichtiges Tätigkeitsfeld und eine Einnahmequelle für viele vor Ort. Weiterlesen und Quelle … (Web)

Tagungssprachen sind Deutsch, Italienisch und Englisch mit Simultanübersetzung Deutsch|Italienisch.

Der Workshop ist öffentlich und kostenlos zugänglich. Um Anmeldung wird gebeten: marion.ladurner@touriseum.it