CfP: Weitergeben. Generationelle Vermögensübertragungen vom 16. bis zum 20. Jhd. | Pass on. Generational transfers of wealth from the 16th to the 20th century (Event: 10/2023, Bozen/Bolzano); bis: 31.03.2023

Netzwerk „Gender Differences in the History of European Legal Cultures“ (Web) und Forschungsprojekt „Noble Siblings. Wealth Arrangements and Social Configurations“ (Web)

Zeit: 26.-28.10.2023
Ort: Bozen/Bolzano
Einreichfrist: 31.03.2023

Seit in den letzten Jahren die Debatte um soziale Ungleichheit wieder verstärkt geführt wird, hat die Frage nach der Übertragung von Vermögen von einer Generation auf die nächste neue Brisanz erhalten. Vor allem das Vererben und Erben hat als gesellschaftsrelevantes Thema an Aktualität gewonnen und wird auch in den Geschichtswissenschaften intensiv diskutiert: in der Historischen Verwandtschafts- und Familienforschung, der Geschlechtergeschichte, der Sozialgeschichte und der materiellen Kulturforschung. Die Tagung greift diesen Diskussionsstrang auf und geht davon aus, dass der Zugriff auf und die Verfügung über Besitz und Vermögen grundlegende Faktoren der ökonomischen und sozialen Positionierung waren. Diese Positionierungen, die damit verbundenen Chancen und Perspektiven, aber auch Beschränkungen, Lasten und Verpflichtungen wurden zu einem großen Teil innerfamiliär weitergegeben. Generationelle Vermögensübertragungen waren daher keine privaten Transaktionen, sondern sie waren politisch und rechtlich umrahmt und haben die gesellschaftlichen Machtverhältnisse, insbesondere auch die Geschlechterverhältnisse wesentlich mitgeprägt.
Die Tagung stellt die rechtlichen und praktischen Implikationen von generationellen Vermögenstransfers in den Mittelpunkt und erweitert den Blick in mehrfacher Hinsicht: Erstens interessieren sämtliche Formen von generationeller Vermögensübertragung: Vererbung, Übergabe inter vivos, Schenkung Vererbung ab intestato oder mittels Testament, Übertragung von Nutzungsrechten, Leitungsfunktionen, Vormundschaften, Pacht- und Lehensverhältnissen, aber auch innerfamiliäre Käufe und Verkäufe. Das Augenmerk soll auf die verschiedenen Vermögensarten gelegt werden, die von einem Gebetbuch oder Schmuck, über Häuser/Höfe und Landbesitz bis hin zu Fideikommissen und ganzen Territorien reichen. Diskutiert werden soll insbesondere das Zusammenspiel verschiedener generationeller Transfermodi.
Die Weitergabe von Vermögen zwischen den Generationen betrifft und modelliert nicht nur das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern, sondern auch das Verhältnis unter Geschwistern. Daher ist zweitens nach Konkurrenzen und Allianzen sowie nach der Verflechtung von vertikalen und horizontalen Logiken und den damit zusammenhängenden Familienkonfigurationen zu fragen. Hinzu kommt drittens, dass das Erbrecht in einem spezifischen Zusammenhang zum jeweiligen Ehegüterrecht steht, das mitberücksichtigt werden muss, um innerfamiliäre Vermögensübertragungen in ihrer Komplexität zu verstehen.
Dabei geht es immer auch um rechtliche Möglichkeitsräume und die Frage, wer diese wie nutzen konnte bzw. wie Recht umgangen oder instrumentalisiert wurde, um Partikularinteressen durchzusetzen. Neben den rechtlichen Grundlagen, die je nach Vermögenssorte differieren konnten, richtet sich der Fokus auf die in den Familien umgesetzten Praktiken und Strategien. Um Vermögen übertragen zu können, musste man die Verfügungsmacht darüber haben und diese war sehr oft umstritten. Auch nicht geglückte Vermögenübertragungen können Thema sein ebenso wie Konflikte, Anfechtungen und Vergleiche. Das Ausloten von Handlungsrepertoires und von Konfliktpotenzial macht ebenso wie tatsächlich ausgetragene Konflikten und die Suche nach Lösungsstrategien soziale und lebensweltliche Logiken sowie Handlungsräume von historischen Akteur:innen sichtbar.

Die Tagung wird in Verbindung mit dem internationalen Netzwerk „Gender Differences in the History of European Legal Cultures“ und im Kontext des Forschungsprojektes „Noble Siblings. Wealth Arrangements and Social Configurations“ organisiert.

Organisatorinnen:

  • Siglinde Clementi, Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte, Freie Univ. Bozen
  • Margareth Lanzinger, Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Univ. Wien
  • in Verbindung mit Florian Andretsch und Claudia Rapberger

Tagungssprachen sind Deutsch, Englisch und Italienisch mit Simultanübersetzung ins Englische.

Bitte senden Sie einen Themenvorschlag (1 Seite/300 Wörter) und einen Kurz-CV in der gewählten Tagungssprache bis 31. März 2023 an: Siglinde Clementi (Freie Universität Bozen), siglinde.clementi@unibz.it