Im Oktober 1914 hatten es die Eltern von Bernhardine Alma (geb. 1895) ihr erlaubt, einen Kurs für die Pflege von Verwundeten zu besuchen. Ende des Monats sollte sie nun eine (kostenpflichtige) Prüfung darüber ablegen.
29. Oktober 1914. abends. Donnerstag.
Eigentlich bin ich sehr unglücklich und möchte wissen, warum gerade mir, die ich so heiß und so innig wünschen kann, kein großer Wunsch ausgeht. Heute hätte Prüfung sein sollen, d.h. sie war, aber nicht bei mir. Denn die Prüfungstaxe war 6 K, wovon ich gar keine Ahnung hatte. Mama hat mir auf meine Bitte für alle Fälle 1 K mitgegeben, mit der ich aber nichts anfangen konnte. Ich ging also fort, warf einen letzten Blick auf die Prüfungsbogen, die die glücklichen Besitzerinnen von 6 K ihr eigen nannten und ging und wieder verschloß mir ein schwarzer Vorhang die heiteren Bilder einer schönen Zukunft. Wieder ist eine Hoffnung aus – ein Traum zerronnen, wieder ein Wunsch in die Ferne gerückt – denn ganz nehmen lasse ich ihn mir nicht.
Das Wünschen gehört mir, das ist mein Eigentum, das mir niemand nehmen kann. Aber ich hätte es so gerne getan und ich glaube, daß ich es bestanden hätte. Ja, das glaube ich ganz sicher. Ich hätte es sicher bestanden, wäre dann vielleicht zu Verwundeten gekommen. – – Wieland sagt, daß der Weg, der einen am meisten von seinem Ziel zu entfernen scheint, oft der nächste dahin ist. Vielleicht komme ich doch noch zu Verwundeten! – – Und dann, wenn der Krieg aus ist …. Oh, ich habe noch etwas, das mir bleibt, etwas Schönes, Herrliches.
30. X.
Wird den Menschen zugewogen
Lust und Leid mit gleicher Wage
Schulden mir gerechte Götter
Sonnenschein und lichte Tage!
Abends. 30. X. 1914
Momentan bin ich in keiner so unglücklichen Stimmung mehr, aber zu Verwundeten will ich – will ich so, so, so sehr! Ob ich es noch je erreichen werde? Zu hoffen wag ich’s kaum, allein wenn’s doch! Ach, wenn es nur wäre! – Am 8. Oktober wußte ich gar nichts von dem Kurs – heute weiß ich, Continue reading →