CfP: Wandel der Sozial- und Geschlechterordnung durch Prekarisierung? (Event), Deadline: 15.03.08

Sektion Frauen- und Geschlechterforschung der DGS | Call for Papers für die Sektionsveranstaltung I auf dem 34. Soziologietag vom 6.–10. Oktober 2008 in Jena

Prekarität ist ein traditionsreiches Thema der Frauen- und Geschlechterforschung. So waren Frauen von Beginn der Industrialisierung an in besonderer Weise von Unsicherheit, biografischer Diskontinuität und sozialer Marginalisierung betroffen. Allerdings hat die Frauen- und Geschlechterforschung immer wieder betont, dass es sich dabei nicht um Phänomene am Rand der Gesellschaft handelt. Vielmehr stützte die prekäre und tendenziell abhängige Situation von Frauen die Integration und soziale Privilegierung von Männern. Gegenwärtig ist Prekarität ein zentraler Forschungsgegenstand der Soziologie. Der Aufstieg des Themas ist nicht zuletzt einer gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet, in der Unsicherheit für alle Gesellschaftsmitglieder, in nennenswertem Ausmaß jetzt auch Männer, zunimmt.

Im Kern der neuen Prekarisierungsforschung steht die Diagnose einer weitreichenden Erosion des Normalarbeitsverhältnisses. Darüber hinaus hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass zwei weitere gleichgerichtete, wenngleich nicht gleichursächliche Erosionsprozesse als zentral für den gesellschaftlichen Wandel sind: die Erosion oder zumindest der Wandel der Kleinfamilie und die Erosion des Wohlfahrtsstaates wie damit bisherige Modi öffentlicher Daseinsfürsorge. Alle drei Institutionen, das Normalarbeitsverhältnis, die Kleinfamilie und der Wohlfahrtsstaat, basieren auf historisch besonderen Geschlechterarrangements und
auch ethnischen Zuweisungen. In dieses Institutionenregime sind die Geschlechterunterschiedlich und ungleich eingebunden. Somit ist von ihrer Erosion auch die bisherige Geschlechterordnung berührt.

In unserer Veranstaltung fragen wir danach, wie sich die bisherige Sozial- und Geschlechterordnung auf die gegenwärtigen Prekarisierungsprozesse niederschlägt. Umgekehrt fragen wir, wie Prekarisierung die bisherigen gesellschaftlichen Verhältnisse in Bewegung setzt: Welche Gestalt nimmt Prekarität je nach bisheriger Platzanweisung aufgrund von Zuweisungen nach Geschlecht, Ethnie, Schicht für welche Gruppen oder Individuen an? Welche Chancen und
Risiken stellen sich dabei für wen ein? Welche Verluste im Hinblick auf soziale Privilegien und Prestige sind zu vermerken? Welche Gewinne im Hinblick auf die Befreiung von sozialen Zwängen haben die Einzelnen in Abhängigkeit von ihrer bisherigen Positionierung in der Sozial- und Geschlechterordnung und der Trias aus Normalarbeitsverhältnis, Kleinfamilie und Wohlfahrtsstaat zu erwarten?

Neben theoretischen und empirischen Beiträgen zu all diesen Fragen sind auch erkenntniskritische Auseinandersetzungen damit, wie die Soziologie das Phänomen Prekarität aufnimmt, willkommen.

Wir bitten um die Einsendung von Abstracts im Umfang von ca. einer Seite bis zum 15.3.2008 an Meherangis Buerkle: buerkle#ifs.tu-darmstadt.de

aus: https://www.univie.ac.at/gender/

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