CfP: Medical Humanities-Tagung „Wozu das ganze Schreiben?“ (Event, 12/2018, Ulm); DL: 08.07.2018

Katharina Fürholzer und Florian Steger, Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Ulm (Web)

Ort: Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Ulm
Zeit: 5.–6.12.2018
Einreichfrist: 8.7.2018

Nur wenige Themen haben die Literatur so stark geprägt wie Krankheit, Schmerz und Sterben. Schon in der Antike gab es Schriftsteller*innen, die sich mit medizinischen Themen befasst haben, und Heilkundige, die literarisch aktiv waren. Literarische Auseinandersetzungen mit Gesundheit und Krankheit bieten für das Gesundheitswesen einen besonderen Mehrwert, können sie doch Einblick in das subjektive Krankheitserleben geben und dadurch zu einem ganzheitlichen Krankheitsverständnis führen. Seit den 1830er Jahren führte eine primär naturwissenschaftliche Ausrichtung der Medizin auf die Zelle und später auf molekulare Strukturen zu einer starken Fokussierung und Spezialisierung der Medizin. Im Zuge dessen gerieten Krankheitserfahrungen zunehmend aus dem Blick. Erst mit der anthropologischen Medizin – zu denken ist hier insbesondere an Karl Jaspers (1883–1969) und Viktor von Weizsäcker (1886–1957) – traten die subjektive und soziale Dimension von Krankheit wieder in den Mittelpunkt. Als Ausdruck von individuellem Erleben kann Literatur genau diese Erfahrungsdimension einholen. Fiktionale wie auch biographische Erzählungen von Gesundheit und Krankheit stellen damit eine wichtige Erweiterung der naturwissenschaftlichen Medizin dar. Heute gibt es eine Fülle solcher Literatur sowohl von Schriftsteller*innen als auch von Ärzt*innen und anderen Akteur*innen des Gesundheitswesens, etwa Pflegenden oder Seelsorgenden. Durch die Forschung zur Narrativen Medizin haben in jüngerer Zeit auch die Erzählungen von Betroffenen, also Patient*innen und Angehörigen, verstärkt Aufmerksamkeit erhalten.

Diese Verwobenheit von Literatur und Medizin wirft Fragen auf: Aus welchen Gründen setzen sich Schriftsteller*innen, Betroffene und verschiedene Akteur*innen des Gesundheitswesens literarisch mit Medizin auseinander? Geht es diesen Schriftsteller*innen vor allem darum, mithilfe der spezifischen Ästhetik der Literatur eigene Krankheitserfahrungen zu reflektieren und zu verarbeiten oder dient ihnen Schreiben eher als Ausgleich oder Ablenkung? Und welche Funktionen und Potenziale haben diese Schriften für Gesellschaft, Literatur und Medizin? In anderen Worten: Wozu eigentlich das ganze Schreiben?

Ziel unserer Tagung ist es, anhand literarischer, biographischer und wissenschaftlicher Quellen die Beweggründe, Reaktionen und Auswirkungen zu diskutieren, die mit diesen Wechselwirkungen von Literatur und Medizin verbunden sind. Methodisch und thematisch ist die Tagung verortet in den „Medical Humanities“, also zwischen Medizin und Geisteswissenschaften.
Liebe

Mögliche Themenfelder

1) Beweggründe

Reflexionen von Schriftsteller*innen, Betroffenen, Ärzt*innen und weiteren Akteur*innen im Gesundheitswesen über das eigene Schreiben, zum Beispiel in Tagebüchern, Biographien, Essays, wissenschaftlichen Auseinandersetzungen

2) Reaktionen

Gesellschaftliche, medizinische und literarische Reaktionen auf literarische Krankheitsdarstellungen, zum Beispiel in Rezensionen, Blogs, Aufsätzen

3) Auswirkungen

Einsatzmöglichkeiten, Funktionen und Potenziale von literarischen Krankheitsdarstellungen für Gesellschaft, Medizin und Literatur

Teilnehmer*innen

Die Tagung richtet sich an ein interdisziplinäres Publikum. Interesse besteht vor allem an Beiträgen aus den Literatur-, Sprach- und Kulturwissenschaften, der Psychologie und der Medizin. Zuhörer*innen ohne eigenen Beitrag sind ebenfalls herzlich willkommen.

Modalitäten

Bei einer angenommenen Präsentation werden die Kosten für Anreise und Unterbringung im Rahmen des Bundesreisekostengesetzes übernommen, so an der Tagung vollständig teilgenommen wird. Vorträge können in deutscher oder englischer Sprache gehalten werden. Für jeden Beitrag stehen insgesamt 40 Minuten zur Verfügung (25 Minuten Vortragszeit und 15 Minuten Diskussion). Ausgewählte Beiträge werden in einem Sammelband publiziert. Bitte senden Sie Ihren Beitragsvorschlag (max. 500 Wörter sowie eine kurze Bio- und ggfs. Bibliographie) bis zum 8.7.2018 an katharina.fuerholzer@uni-ulm.de.