Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien
Zeit: 16.10.2018, 18:00 Uhr
Ort: Institut für Zeitgeschichte, Spitalgasse 2-4/Hof 1, Tür 1.13, 1090 Wien
Die Dialektik von Erinnern und Vergessen bewirkt merkwürdige Effekte, unter ihnen die Entstellung. Erinnerung besteht oft aus Hinzugebenem oder sogar Erfundenem. Die Aufgabe der Historiker/innen ist bekanntlich, festzustellen, „wie es eigentlich gewesen“ und dessen Signifikanz zu erklären. Die historische Profession ist aber selbst eingebunden in die Zyklen und Mechanismen von Verdrängung, Entstellung, Konfabulation. Ihre Überzeugungskraft nimmt in dem Maß ab, in dem „die Trumps“ dieser Welt sagen können, was sie wollen und ihnen Glauben geschenkt wird. Die Chance, etwas Richtiges überzeugend darzulegen, ist fast aussichtslos geworden.
„Anders“, „neu“, „modern“ wird heute gern mit „besser“ gleichgesetzt. Beispiele aus der gar nicht so weit zurückliegenden „Vergangenheit“ stellen diese Identität in Frage. Es empfiehlt sich, von „kleinen Dingen des Lebens“ auszugehen, die weniger leicht zu ideologisieren sind als große Themen. Es geht um Spurensuche und darum, Muster auszumachen. Der rasche Galopp des (häufig nur vermeintlichen) Fortschritts übergeht allzu oft bereits gefundene gute Lösungen. Wir präsentieren Prolegomena zu einer Philosophie von optimal solutions. Diese sind nicht immer am jeweils gegenwärtigen Ende von Ereignisketten zu finden – sondern früher. „Besser zu erinnern“ bedeutet, nicht blindlings voranzustolpern: es gilt, zwischen Lösungen qualitativ zu unterscheiden, die gut, weniger gut oder schlicht absurd sein können.
Sigrid Schmid-Bortenschlager, geb. 1946, lehrte an den Universitäten Salzburg, Portland University, University of Illinois, Graz, Paris VIII und XII und Utrecht. Forschungsschwerpunkte: Frauenliteratur, Literaturtheorie, Literatur und Politik, Literatur des 20. Jahrhunderts, österreichische Literatur. Buchpublikationen (Auswahl): Konstruktive Literatur. 1985, Eigensinn und Widerstand. Schriftstellerinnen der Habsburgermonarchie. 1998, Erfolg und Verfolgung. Österreichische Schriftstellerinnen 1918-1945. 2002 (beide mit Christa Gürtler), Hermann Broch. Éthique et estéthique. 2001, Österreichische Schriftstellerinnen 1800-2000. Eine Literaturgeschichte. 2009.
Georg Schmid, geb. 1944 in Wien, Studium in Wien, Salzburg, Univ. of Kansas. Lehrtätigkeit an den Universitäten Salzburg, Innsbruck, Wien, Paris VIII. Rezente Buchpublikationen: The Mind Screen. 2016, In the Presence of the Future. 2012, The Narrative of the Occident. 2009. Daneben Tätigkeit als Schriftsteller (Romane, Essays, Kurzgeschichten).