Vortrag: Maria Sigl: Alpenrausch. Das Phänomen Bayerisch-Tiroler Trachtenvereine in Übersee, 29.09.2021, virtueller Raum

Institut für Geschichte des ländlichen Raumes: Rural History Forum 75 (Web)
Zeit: 29.09.2021, 14.00–15.30 Uhr
Ort: Zoom, via St. Pölten
Heute gilt gemeinhin die Gründung des „Vereines zur Erhaltung der Volkstrachten“ im Leitzachtal 1883 in Bayrischzell in Oberbayern als Start der organisierten Trachtenbewegung. Zuvor existierten bereits in den 1860er Jahren die „Schuhplattlergesellschaft Miesbach“ in Oberbayern, ab 1871 der Alpine Trachten- und Wohltätigkeitsverein „D’Almbrüder z’Graz“ in der Steiermark und seit 1875/1876 diverse Bayern-Vereine in Sachsen und Berlin.
Die ‚Trachtensache‘ entwickelte sich jedoch erst ab 1883 bis in die ersten Dekaden des 20. Jhds. zu einem regelrechten Boom: Bayerische Trachtenvereine wurden zahlreich und vielerorts gegründet, u.a. durch (Arbeits-)Migration auch außerhalb Bayerns. Selbst in Österreich war bei vielen ersten Trachtenvereinen noch eine Hinwendung zum Bayerischen zu sehen, was sich an der Entscheidung für die Miesbacher Tracht und der oftmals oberbayerischen Namensgebung der Vereine zeigte. Bis heute existieren bayerische Trachtenvereine u. a. in anderen deutschen Ländern (z.B. Hessen, Rheinland-Pfalz), Australien, Südamerika (z.B. Brasilien, Chile) und in Nordamerika (Mexiko, USA, Kanada).
Maria Sigl untersucht in ihrem Dissertationsprojekt die organisierte Trachtenbewegung in den USA. 1914 wurde dort von Migrant:innen aus Bayern und Österreich der „Schuhplattler-Verein Edelweiß“ in Chicago in Illinois als erster Trachtenverein in den USA gegründet. Dieser Verein existiert noch heute und es folgten rasch weitere Gründungen. In den 1960er Jahren formierte sich nach dem Vorbild in Bayern ein Dachverband: der Gauverband Nordamerika. Heute gehören rund 70 Vereine dem Gauverband an, welcher sich ‚die Erhaltung und Pflege des bayerischen und tiroler Kulturerbes‘ als Ziel gesetzt hat. Es besteht reger Austausch mit dem Bayerischen Trachtenverband sowie Vereinen und Einzelpersonen in Bayern und Österreich.
Maria Sigl ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie der Westfälischen Wilhelms-Univ. Münster (Web). Sie untersucht, wie sich die Trachtenbewegung in den USA im Vergleich zu und im Austausch mit Bayern entwickelt hat. Hierbei stehen insbesondere Aspekte des Wissenstransfers, Verhandlungen von Identitätskonzepten heutiger Akteure:innen und Facetten der organisierten Trachtenbewegung in den USA im Fokus. Die Präsentation ist ein Werkstattbericht zu den laufenden Recherchen. Nach der Vorstellung des Themas und der Vorgehensweise werden Einblicke in die Migrationsgeschichte der Trachtenbewegung gegeben, Facetten dieser in den USA aufgezeigt und durch Quellenbeispiele illustriert.
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Quelle: Facebook