Call for Application: Methodenwerkstatt #5, 26.- 28.2. 2008, Wien

Die Wissenschaft des Alltags und der Alltag der Wissenschaften
Historizität – Epistemologischer Bruch – Reflexivität
In englischer Sprache, Deadline der Anmeldung: 15.12.07
Was macht wissenschaftliche Arbeit eigentlich „wissenschaftlich“? Diese Frage stellt sich in konzeptioneller wie methodologischer Hinsicht für DoktorandInnen in den Sozialwissenschaften ganz besonders. Die dreitägige Methodenwerkstatt behandelt den Unterschied zwischen wissenschaftlicher Praxis und Alltagspraxis. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass sich wissenschaftliche Praxis zunächst nicht von einer Praxis des Alltäglichen unterscheidet. Eine breitgefasste Wissenschaftssoziologie ist unter diesem Blickwinkel nichts anderes als eine allgemeine Soziologie, die zum Forschungsobjekt die Aktivität und Produktion der(Sozial)Wissenschaftler hat. Eine solche Gesellschaftsuntersuchung kann ebenso auf andere sozialwissenschaftlichen Felder ausgedehnt werden, weil dort dieselben Strukturen, Annahmen und Klischees vorliegen.
Über die Werkstatt
Zwei zentrale Aspekte der Durchführung einer wissenschaftlichen Forschung werden systematisch an den vorliegenden Konzepten der TeilnehmerInnen untersucht:
* Die Spannungen zwischen verschiedenen Wissensformen, Wissenskonstitutionen und deren Erhebungskontexten.
* Die Modalitäten der Durchführung solcher Forschung, insbesondere der Anspruch der wissenschaftlichen Reflexivität.
Ein Grundproblem sozialwissenschaftlicher Forschung kann an drei wesentlichen Konzepten identifiziert werden: Wie sieht es mit dem Status des Einsatzes von „Emergenzphänomenen“ (Durkheim), „Vorannahmen“ (Weber), bzw. der „spontanen Soziologie“ (Bourdieu) aus, wenn sie nicht eine Form von „Vorwissen“ konstituieren, sondern bereits von den vorigen Wissensproduktionen abzuleiten sind?
In einem zweiten Schritt wird diskutiert, wie man diesen drei Konzepten („Emergenzphänomene“, „Vorannahmen“ und „spontane Soziologie“) – die oft als die unmittelbaren Bezugspunkte des Alltäglichen innerhalb des nicht wissenschaftlichen Kontextes dargestellt werden – Rechnung tragen kann. Wie kann man sie am besten in ihrem Entstehungskontext reflektieren? Wie kann man in einem solchen Analyserahmen „epistemologische Brüche“ in Betracht ziehen?
Erhebungstechniken und Analyseverfahren
Diese wissenschaftstheoretischen wie methodologischen Überlegungen werden anhand der vorliegenden Dissertationskonzepte der TeilnehmerInnen konkret. Welchen Status hat wissenschaftliche Forschung in den Gebieten der Sozialwissenschaften? Muss man von einer allgemeinen „Irreduktibilität“ der (sozial-)wissenschaftlichen Praxis ausgehen? Ist diese Praxis also nicht auf eine pure gesellschaftliche Analyse reduzierbar? Die Methodenwerkstatt schlägt demnach Skills vor, wie die jeweilige Verortung in Zeit (Historizität) und im (sozialem) Raum die Untersuchung eines wissenschaftlichen Objektes beeinflussen, und wie sie re-evaluiert werden sollen zugunsten eines plastischen Verständnis von der Wissenschaftspraxis. Im Mittelpunkt steht eine „dezentralisierte Reflexivität“ (im Gegensatz zur „egozentralisierten“ Reflexivität). Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Dissertationskonzept wird dann die genaue Form einer solchen Reflexivität greifbarer machen.
Schlüsselwörter
Spannung innerhalb der Wissenschaft, Irreduktibilität, Objektivierung, Reflexivität, rationelle Kontrolle, Historizität, Sozialer Raum
Leitung
Eric Brian, Historiker, Wissenschaftsoziologe, Professor an Ecole Normale supérieure, Paris und « Directeur d’études », École des Hautes Études en Sciences Sociales, Paris.
Anforderungen an die TeilnehmerInnen
Zielgruppe: DissertantInnen der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Wien. In geringem Ausmaß können auch DissertantInnen anderer Fakultäten und Universitäten aufgenommen werden. Grundlegendes Verständnis und praktische Erfahrung von qualitativer Sozialforschung sind notwendig, da in diesem Seminar am eigenen Material gearbeitet wird.
Anmeldung: bis 13. Dezember 2007 mit einem max. einseitigen Motivationsschreiben per Email an mws.sowi[at]univie.ac.at. Darin sollen Erwartungen an das Seminar und die Motive für die Teilnahme genannt werden. Ebenfalls anzuführen sind die Methoden, die im Dissertationsprojekt verwendet werden, sowie allfällige Probleme oder Schwierigkeiten, die in diesem Zusammenhang auftreten. Das Seminar richtet sich vornehmlich an Doktoratsstudierende, die schon Datenmaterial erhoben haben, da dieses im Seminar analysiert werden soll.
Teilnahme: Nach Entscheidung der Teilnahme ist bis 7. Jänner 2008 ein 3-5seitiges Konzept des Dissertationsprojekts einzureichen. Darin sollen neben Angaben zum Thema und der Fragestellung, vor allem Methoden der Erhebung und Auswertung des Dissertationsprojekts dargestellt werden. Zudem ist Material aus dem Forschungsprozess (ausgewählte Transkriptionen von weiteren max. 3-5 Seiten, wenn schon vorhanden) mitzuschicken, das in der Methodenwerkstatt Gegenstand der Analyse ist. Als Teilnahmegebühr sind EUR 20.- für Unkosten zu entrichten. Details nach erfolgter Anmeldung.
Erwartet werden: Das Einbringen des eigenen Materials zur gemeinsamen Auseinandersetzung, die Bereitschaft sich mit dem Material und den Themen der anderen TeilnehmerInnen auseinander zu setzen, sowie die Lektüre des ausgegebenen Textreaders.
Die Reihe Methodenwerkstatt für DissertantInnen der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Wien wird organisiert von Graduiertenzentrum der Fakultät für Sozialwissenschaften (Universität Wien), powi04 (Graduiertensektion der Österreichischen Gesellschaft für Politikwissenschaft – ÖGPW) und ÖGS (Österreichische Gesellschaft für Soziologie). Die Veranstaltungsreihe findet in Kooperation mit dem Methodenforum der Fakultät für Sozialwissenschaften (Universität Wien) statt. Sie wird unterstützt von der Abteilung GSK des bm:bwk. Organisationsteam der Methodenwerkstatt #5: Anna Durnová und Johanna Muckenhuber.

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