Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung: Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte (Web)
Deadline: 31.05.2012
In Haus und Hof (Kalenderspruch)
Der Mensch braucht ein Plätzchen / und sei’s noch so klein,
von dem er kann sagen: / Schau her, das ist mein.
Hier leb ich, hier lieb ich, / hier ruh ich mich aus.
Das ist meine Heimat, / das ist mein Zuhaus.
„Haus und Hof“ ist eine Metapher mit vielen Dimensionen. Sie impliziert Gefühle wie Geborgenheit und Verwurzelung ebenso wie die alltäglichen praktischen Dinge des Lebens: Ernährung, Kleidung, Regeneration. Das Haus ist der Hort der Familie und damit zugleich ein zentraler Tummelplatz des Patriarchats oder aber auch seiner Infragestellung. Bei der Betrachtung des Themas Haus und Hof lassen sich also immens viele und breite Zugänge finden.
Die „Erziehung zum Weibe“ beinhaltet nicht nur die Vorbereitung auf die Mutterrolle, sondern auch die zur sorgsamen Hauswirtschafterin. Solange das funktioniert und drinnen die tüchtige Hausfrau waltet, ist und bleibt alles in althergebrachter Ordnung. Tut sie das nicht mehr und stellt die „Arbeit aus Liebe“ in Frage, werden die Grenzen des Hauses überschritten – das Private wird politisch. Die Rolle der „Nur-Hausfrau“ ist, wie Helge Pross sie 1975 beschrieb, in Westdeutschland einer generellen Abwertung ihrer Leistungen anheim gefallen. Dennoch „klar ist in jedem Fall, daß Hausarbeit verrichtet werden muß. In keiner Gesellschaft, in keiner Epoche kommt man ohne sie aus.“ Interessant ist in diesem Zusammenhang z.B. auch, welche „Lösung“ dafür in der DDR gefunden wurde.
Das Haus ist aber nicht nur der Ort der Hausfrau, sondern auch der der Hausangestellten und damit gewissermaßen eine Sollbruchstelle der Frauensolidarität – ein Thema, das die alte (bürgerliche und proletarische) Frauenbewegung ebenso umtrieb wie die neue in den 1970er und 1980er Jahren. Das Haus ist immer noch ein Arbeitsplatz – dies hat auch die fortgeschrittene Technisierung nicht aufheben können. Neuere Forschungen zeigen den „Weltmarkt Privathaushalt“ , in dem die anfallende Arbeit von migrantischen Haushaltsarbeiterinnen, Nannys und privaten Haushaltsservices erledigt wird. Diese „Dienstmädchenfrage“ aktualisiert unter neuen Vorzeichen die historische Dienstbotinnen-Frage der bürgerlichen Haushalte um 1900. Gleichzeitig zeigt die auch heute noch ungeklärte Frage der Hausarbeit weiterhin das politische Bemühen, Anreize zum Hausfrauen- und Mutterdasein zu schaffen, zur Zeit gekleidet in die Diskussion der sogenannten „Herdprämie“.
Der Arbeitsplatz Haushalt war aber auch ganz konkret in seiner räumlichen Ausprägung immer wieder Thema, sei es, um die Arbeit der Hausfrau zu rationalisieren oder auch, um nach architektonischen Alternativen zu suchen, die die klassische Rollenverteilung der Kleinfamilie nicht voraussetzten.
Und schließlich wird eine weitere Dimension erreicht, wenn zum Haus der Hof dazukommt. Die „Landfrau“ hatte zumindest in vergangenen Epochen im wahrsten Sinne des Wortes ein weiteres Feld zu beackern als ihre städtische Nachbarin.
Die thematische Klammer von Geschichte(n) rund um Haus und Hof möchten wir für das kommende Heft der Ariadne nutzen. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.
Angedachte Themenbereiche:
- Vom Personal zum Angestelltendasein: Welches Verhältnis hatten die alten Frauenbewegungen zum Haushaltspersonal? Wie sieht die Entwicklung vom Alleinmädchen zur polnischen Pflegerin aus?
- Haus- und landwirtschaftliche Berufe: Ein nachhaltiger und ressourcenschonender Umgang mit Energie, Lebensmitteln und Verbrauchsgütern wie Kleidung wird wieder wichtiger. Wie veränderte sich in den letzten hundert Jahren die Bewertung von weiblichen Berufen in Haus- und Landwirtschaft?
- „Die Erziehung zum Weibe“ – das Erlernen der Hausfrauenrolle: Wie sieht das gute und kluge Hauswirtschaften aus? Wie wurde seit dem 19. Jahrhundert immer wieder versucht, Mädchen und junge Frauen als zukünftige Hausfrauen auf ihre Aufgaben vorzubereiten?
- Lohn für Hausarbeit? „Arbeit aus Liebe – Liebe als Arbeit“ so lautete die Feststellung der Kampagnen in den 1970er Jahren bis heute. Welche Veränderung in der gesellschaftlichen Bewertung von Hausarbeit lässt sich ausmachen? Welche Wertschätzungen kommen den Hausfrauen und Hausmännern über die letzten Jahrzehnte zu?
- Das „ganze Haus“: Im 18. und 19. Jahrhundert verändert sich die Wirtschaftseinheit des „ganzen Hauses“ und die Aufgaben in Erwerbs- und Privatsphäre werden neu verteilt. Wie wird diese neue Verteilung von Aufgaben vermittelt? Wie wird diese kulturelle Bewertung in die Rollenleitbilder eingelassen?
- Der Traum vom Heim – architektonische Ideen: Beim Schaffen neuer Wohnumfelder und oft auch einer verbesserten Haushaltssituation stehen die Bedürfnisse von (Haus-)Frauen immer wieder im besonderen Interesse der ArchitektInnen. Wie werden diese festgestellt und in Form gegossen, welches Frauenbild steht dahinter? Das Ein-Küchen-Haus und die Frankfurter Küche sind und waren Meilensteine dieses Interesses, welche Ideen und Tendenzen lassen sich in diesem Feld noch ausmachen, um Haus und Hof zu gestalten?
- Die Landfrau: Welche Ziele verfolgte die Landfrauenbewegung, um das Ansehen der bäuerlichen Frau auf dem paternalistisch geprägten Land zu verbessern? Welche Möglichkeiten nutzten sie, um den Stellenwert der Frauen(arbeiten) innerhalb von Haus und Hof zu erhöhen?
- Literatur zum Haushalt(en): Hauswirtschafts(fach)bücher und nicht zuletzt Kochbücher prägen die literarischen Ratgeber zum Thema. Wer schreibt hier für wen und welches Anliegen vermittelt sich darüber?
Die Ariadne – Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte ist die Zeitschrift der Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung und erscheint zwei Mal im Jahr. Im Zentrum der Hefte stehen immer die (historischen) Frauenbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts und die mit diesen Bewegungen verbundenen Ideen und Theorien.
Die einzelnen Beiträge sollten einen Umfang von ca. 30.000 bis 35.000 Zeichen, d.h. ca. 10-12 Manuskriptseiten haben. In Ausnahmefällen (zum Beispiel für einen einleitenden Artikel) kann von dieser Maßgabe abgesehen werden. Redaktionsschluss wird der 1.12.2012 sein, das Heft erscheint im Mai 2013.
Wenn Sie Interesse an der Abfassung eines Artikels haben, reichen Sie uns bitte bis zum 31.05.2012 ein aussagekräftiges Exposé (1-1,5 Seiten) ein. Da sich die genaue inhaltliche Gestaltung des Heftes nach den eingehenden Exposés richtet, reichen Sie bitte auch Aufsatzideen ein, die am Rande des Themas zu liegen scheinen.
Sie können sich auch gerne direkt mit uns in Verbindung setzen, wir stehen Ihnen für weitere Informationen gerne zur Verfügung.
Redaktionsteam:
Laura Schibbe und Cornelia Wenzel
Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung
0561 – 989 36 70
Bitte richten Sie ihre Anfragen sowie ihre Exposés bis zum 31.05.2012 an: schibbe@addf-kassel.de
URL zur Zitation dieses Beitrages: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=19093