CfP: Magie der Geschichten. Schreiben, Forschen und Reisen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Event: Dresden), Deadline: 30.11.2008

Internationale wissenschaftliche Tagung, veranstaltet vom DFG-Projekt »Realistische Anthropologie. Konstellationen zwischen realistischer Prosa und der Wissenschaft vom Menschen« an der Technischen Universität Dresden in Zusammenarbeit mit der Stiftung Deutsches Hygiene-Museum Dresden

Zeit: 12.-14.03.2009
Ort: Deutsches Hygiene Museum Dresden
Deadline: 30.11.2008

Bis in jüngste literaturhistorische Beschreibungen wird die Prosa der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter dem Vorbehalt eines defizitären Problembewusstseins und unterkomplexer Darstellungsweisen erfasst. Im Gegensatz zu diesem Stand der Forschung, dessen Befunde vielfach vor dem Hintergrund historisch nachfolgender poetologischer Positionen und Diskussionen gewonnen worden sind, liegt das Ziel unseres Projektes und der daraus hervorgehenden Tagung »Magie der Geschichten. Schreiben, Forschen und Reisen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts« in einer umfassenden kulturwissenschaftlichen Neubewertung der Literatur des Realismus und darüber hinaus der Kulturgeschichte des 19. Jahrhunderts in toto. In unserem Anspruch, einem unter dem Aspekt seiner kulturhistorischen Relevanz bisher häufig vernachlässigten Kapitel der deutschen Literaturgeschichte neue Konturen zu geben, folgt die Ausrichtung der Tagung der Hypothese, dass realistisches Erzählen in dauernder Wechselwirkung mit Wissenschaft und Wissen komplexe Konstellationen einer literarischen Anthropologie entwirft, deren Interesse es stets auch ist, die eigene lebensweltliche Bedeutsamkeit zu bezeugen. Im realistischen Erzählen kann der Versuch einer narrativen Integration von neuen anthropologischen Wissensformationen identifiziert werden, deren Bedeutung für den Symbolhaushalt der ›eigenen‹ Kultur in exemplarischen Konstellationen ermessen wird. Es zeigt sich darüber hinaus, dass es gerade die narrativen Rahmungen und Einbettungen von Wissensbeständen sind, die analoge Effekte für das Feld anthropologischen und ethnologischen Wissens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erzeugen. Die in diesem Zeitraum immer wieder aufgeworfene Frage nach der Erzählbarkeit des Wandels von Wissen und Lebenswelten – so die zweite Hypothese – ist zugleich die Frage nach dem Sinn menschlichen Lebens; sie kulminiert in literarischen Szenarien, die die Bedingungen des gelingenden Lebens und der Bändigung ausufernder Wissenswelten und globalisierter Verkehre an deren narrative Bearbeitung koppeln. Das Erzählen selbst ist somit in realistischer Hinsicht jene ›anthropologische Konstante‹, in der Wissen seine lebensweltliche Einbettung erfährt.

An diese grundsätzlichen Überlegungen schließt die thematische Zuspitzung der Tagung an; die Unterteilung in die fünf Sektionen »Reisen und Erzählen«, »Sammeln und Erzählen«, »Medien der Erzählung«, »Familien, Verwandtschaft, Gender. »Erzähltes Leben« und »Magie und Religion« dient der interdisziplinären Vermessung der Dimensionen einer bürgerlichen Kultur, die unter dem Begriff des ›Weltverkehrs‹ erstmals im umfassenden Maße Phänomene der Globalisierung, imperiale Bestrebungen und das Verschwinden von Sprachen, Kulturen und Traditionsbeständen reflektiert. Selbstverständlich gilt es vor diesem Hintergrund auch, die Einflüsse veränderter ökonomischer und kultureller Parameter auf wissenschaftliche Fragestellungen und Beschreibungsweisen von Welt, Menschen und Kulturen zu thematisieren, um dem umfassenden kulturhistorischen Ansatz der Tagung gerecht zu werden. Erbeten werden deshalb entsprechende Beiträge von Historikern, Kulturwissenschaftlern, Wissenschaftshistorikern, Literaturwissenschaftlern und Ethnographen, um in den Vorträgen und anschließenden Diskussionen die angerissenen Problemstellungen tatsächlich einer interdisziplinären Perspektive unterwerfen zu können.

Vorschläge zu den einzelnen Sektionen (einschließlich eines Arbeitstitels und eines Abstracts, das den Umfang einer Seite nicht überschreiten sollte) senden Sie bitte bis spätestens 30. November 2008 an die Adresse:

Dr. Michael Neumann
DFG-Projekt »Realistische Anthropologie«
Institut für Germanistik
Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften
Technische Universität Dresden
D-01062 Dresden
E-Mail: mkr.neumann(at)web.de
Homepage

URL zur Zitation dieses Beitrages: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=9868

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