IWK-Veranstaltungsreihe: Österreichische Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Sommesemester 2009, Wien

Konzept und Koordination: Christine Kanzler, Ilse Korotin, Karin Nusko
Ort: IWK, Berggasse 17, 1090 Wien
Zeit: dienstags, Beginn: 18.30 Uhr
Frauen haben im Widerstand gegen die NS-Diktatur in Österreich eine maßgebliche Rolle gespielt. Diese Tatsache wurde sowohl in der historischen Forschung als auch in der öffentlichen Wahrnehmung lange Zeit – zum Teil bis heute – ignoriert. Unter dem Einfluss der Oral History-Forschung sowie der Frauenbewegung hat die Erforschung des weiblichen Widerstands in den 1980er-Jahren einen entscheidenden Impuls erhalten. Besonders in den letzten Jahren haben sich WissenschafterInnen der Aufarbeitung wichtiger Themen innerhalb dieses Forschungsfelds angenommen. Unter anderem ist eine Reihe von regionalgeschichtlichen Studien vorgelegt worden, in denen die Widerstandstätigkeit von Frauen dokumentiert wird.
In dieser Vortragsreihe, die im Rahmen des Modulprojekts „Österreichische Frauen im Widerstand gegen den NS“ von biografiA. datenbank und lexikon österreichischer frauen veranstaltet wird, sollen die mannigfaltigen Aspekte weiblicher Präsenz im österreichischen Widerstand sichtbar gemacht und neue Forschungsergebnisse präsentiert werden. Schließlich wird vom problematischen Umgang der Republik Österreich mit den ehemaligen Widerstandskämpferinnen die Rede sein.
Programm

  • 24 März 2009: Helena Verdel (Wien): Die Kärntner Sloweninnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
  • 19. Mai 2009: Winfried R. Garscha (Wien): Österreichische Kommunistinnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
  • 26. Mai 2009: Heide Gsell (Lieboch/Graz): Zeuginnen Jehovas im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
  • 16. Juni 2009: Heimo Halbrainer (Graz): Steirerinnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus
  • 30. Juni 2009: Andrea Strutz (Graz): Opferfürsorgepraxis am Beispiel steirischer Widerstandskämpferinnen

Dienstag. 24 März 2009, 18.30 Uhr
Helena Verdel (Wien):
Die Kärntner Sloweninnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Frauen spielten beim Aufbau von politischen Strukturen des Widerstandes in Südkärnten eine wichtige Rolle. Sie waren oft die ersten Kontakt- und Vertrauenspersonen für PartisanInnen. Sie sammelten Ver­pflegung, Verbandsmaterial, Kleider, Wäsche und Geld, sie besorgten Verstecke, versorgten vorübergehend oder für längere Zeit verwundete KämpferInnen, sie sorgten für den Vertrieb der illegal hergestellten Druck­sorten, organisierten Treffen, sammelten Daten über kriegswichtige Infrastruktur wie Brücken und Fabriken und nicht zuletzt waren es Frauen, die für die Aufrechterhaltung der sogenannten legalen Kurierlinien sorg­ten. Sie waren unauffälliger und konnten sich im Gegensatz zu den KämpferInnen quasi frei im öffentlichen Raum bewegen. Ohne den Beitrag der Frauen wäre der Widerstand in Südkärnten unmöglich gewesen.
Dienstag, 19. Mai 2009, 18.30 Uhr
Winfried R. Garscha (Wien):
Österreichische Kommunistinnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Der kommunistische Widerstand in Österreich – insbesondere jener des Kommunistischen Jugendverbands – wurde in beträchtlichem Ausmaß von Frauen und Mädchen geleistet. Der Vortrag wird sowohl auf die Rolle von Frauen in der Untergrundtätigkeit im Lande selbst, als auch auf die in hohem Ausmaß von österreichischen Kommunistinnen betriebene „Mädelarbeit“ in Belgien und Frankreich – eine besonders riskante Form des Hineinwirkens in die deutschen Besatzungstruppen in diesen Ländern – eingehen.
Dienstag, 26. Mai 2009, 18.30 Uhr
Heide Gsell (Lieboch/Graz):
Zeuginnen Jehovas im Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Der Vortrag gibt einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und die Quellenlage zu Zeuginnen Jehovas während des Nationalsozialismus mit Schwerpunkt Österreich. Anhand von biografischen Skizzen österreichischer Zeuginnen Jehovas werden die Motive und die verschiedenen Formen des Widerstands – Organisieren von und Teilnahme an religiösen Versammlungen, illegale Literaturvervielfältigung und -ver­breitung, Verweigerung von Hitlergruß und Mitgliedschaft in politischen Organisationen, Verweigerung von Kriegsdienst aller Art, Hilfeleistung für Verfolgte usw. – beschrieben. Auf welche Weise der Widerstand im Gefängnis oder Konzentrationslager fortgesetzt wurde, soll ebenfalls dargestellt werden.
Dienstag, 16. Juni 2009, 18.30 Uhr:
Heimo Halbrainer (Graz):
Steirerinnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Der Widerstand von Frauen in der Steiermark blieb lange Zeit unbeachtet. Dies verwundert, da in der Steiermark der Widerstand im Allgemeinen und der von Frauen im Speziellen besonders stark war. So waren Frauen im politisch organisierten Widerstand, der in der Steiermark weitgehend von der Kom­munistischen Partei bzw. ihren Organisationen getragen wurde, teilweise führend tätig. Allein über 40 Steirerinnen mussten wegen ihres Widerstands gegen das NS-Regime ihr Leben lassen. Hunderte Wider­standskämpferinnen wurden zudem vom nationalsozialistischen Volksgerichtshof oder den Ober­landesgerichten zu zum Teil hohen Strafen verurteilt oder kamen in ein Konzentrationslager.
Dienstag, 30. Juni 2009, 18.30 Uhr:
Andrea Strutz (Graz):
Opferfürsorgepraxis am Beispiel steirischer Widerstandskämpferinnen

Im politischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus spielten Frauen eine essentielle Rolle, so auch in der Steiermark. Viele Steirerinnen kämpften in politischen Widerstandstandsgruppen gegen den Nationalsozialismus. Dennoch erfuhren einige dieser beeindruckenden und mutigen Widerstands­kämpferinnen nach 1945 keine entsprechende Würdigung durch die Zweite Republik, denn ihnen wurde eine Anerkennung nach dem Opferfürsorgegesetz verweigert. Das Opferfürsorgegesetz ist Teil der Sozial­rechtsgesetzgebung und stellt eine der frühesten Maßnahmen der Zweiten Republik für die Opfer des Nationalsozialismus dar. Allerdings spiegeln Genese und Ausformung des Opferfürsorgegesetzes politische Spannungsfelder und Problematiken wider, mit denen NS-Opfer und WiderstandskämpferInnen in der Voll­zugspraxis speziell in den ersten Nachkriegsjahrzehnten konfrontiert waren. Der Beitrag thematisiert insbe­sondere den Umgang mit Widerstandskämpferinnen am Beispiel der Opferfürsorgepraxis in der Steiermark.
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