Die Debatte um geschlechtliche Ungleichverteilung gesellschaftlicher Voraussetzungen scheint alltäglich, der ‚kleine Unterschied‘ der Geschlechter common sense. So stellt sich ‚Geschlecht’ als eine der zentralen Begrifflichkeiten dar, mit denen politische, soziale, ökonomische und kulturelle (Miss-)Verhältnisse in Gesellschaft und Moderne aufgezeigt und beschrieben werden können. Doch erweist sich ‚das Reden von Geschlechterordnungen’ in doppelter Hinsicht als problematisch. Einerseits dient die Kategorie dazu, Geschlechterdifferenzierung als stabile, selbstverständliche und natürlich erscheinende ‚Ordnung’ zu beschreiben, die es zu kritisieren und zu verändern gilt. Andererseits wird der Begriff der ‚Geschlechtlichkeit’ selbst in seiner Ausprägung von den Effekten wirkmächtiger Ordnungsprinzipien und -praktiken geprägt.
Das fastforeword-Themenheft ‚Geschlechterordnungen’ versucht, diese doppelte Problematik in den Blick zu nehmen und aufzuarbeiten. Besondere Aufmerksamkeit soll dabei auf Praktiken der Wissenserzeugung und Wissensrepräsentation gelegt werden, die die „Ordnung der Geschlechter“ historisch und gesellschaftlich konkret erzeugen und gleichzeitig voraussetzen. Uns interessieren dabei besonders Vorstellungen und Konzepte gesellschaftlicher und kultureller Ordnungsentwürfe, die sich in konkreten Geschlechter- und Ordnungspolitiken niederschlagen und auswirken.
Beispielsweise:
- Welchen gesellschaftlichen Stellenwert hat die Kategorie „Geschlecht“ erlangt? Wie wird bei der Erzeugung von (sozialen / biologischen / kulturellen / psychischen etc.) Wissen dem Merkmal „Geschlecht“ Erklärungskraft zugeschrieben? Welche Auswirkungen hat die Form der Wissenserzeugung von „Geschlechtlichkeit“ in Gesellschaft, Wissenschaft, Politik etc.?
- In welchen Varianten werden Ausprägungen von Geschlechtlichkeit gegeneinander und miteinander positioniert? Beispiele wären die Differenz von „männlich / weiblich“, von „hetero / homo“ oder die Konstituierung dieser Merkmalszuschreibungen im Gegen- und Miteinander.
- Welche Ordnungspraktiken basieren auf solchen Unterscheidungen und Merkmalszuweisungen? Welche Gesellschaftspolitiken erhalten durch diese kontingenten Unterscheidungen Plausibilität / Wirkmächtigkeit / zwingenden Charakter?
- Wie werden Arbeitsverhältnisse, politische Auseinandersetzungen, soziale Beziehungen usw. durch eine bestimmte Beschreibung geschlechtlicher Ordnung zu legitimieren versucht? Wie gelingt es beispielsweise, die Akzeptanz eines bestimmten Verhaltens zu steigern, indem ein ‚männlicher’ (oder ‚weiblicher’) Charakter dieses Verhaltens betont wird? Oder wie scheitern solche Versuche?
- Wie werden Geschlechterordnungen ästhetisch und medial, wissenschaftlich und populär in Szene gesetzt? Und anders herum: Wie werden Ästhetik, Wissenschaft, Filme usw. durch bestimmte Geschlechterordnungen vorstrukturiert und geprägt?
Wir hoffen auf empirische und ästhetische, historische, theoretische, philosophische und praktische Ansätze bzw. Aufsätze.
Textvorschläge bis max. 25.000 Zeichen bitte bis zum 31.05.2009 senden an ffw at denkraeume-ev.de. Wir bitten um die Einhaltung unserer Zitierrichtlinien.