Vorankündigung: Konferenz: In die Häuser schauen: Aspekte jüdischen Wohnens vom Mittelalter bis ins 20 Jhd., 06.-08.07.2016, Wien

12439371_1752685831640256_8590960320336054719_n26. Internationale Sommerakademie des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs (Web) in Kooperation mit dem Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der WU Wien und den Wiener Vorlesungen
Zeit: 06.-08.07.2016
Ort: WU Campus, Welthandelsplatz 1, 1020 Vienna, Austria
Programm als PDF
Freiwilliges Zusammenleben in Judenvierteln und gewaltsame Ansiedlung in Ghettos, bürgerliche Wohnräume und überfüllte „Sammelwohnungen“ – zwischen diesen Extremen konnte sich jüdisches Wohnen durch die Jahrhunderte europäischer Geschichte gestalten. Die Tagung stellt unter einem kulturhistorischen und alltagsgeschichtlichen Blick unterschiedliche Wohn- und Lebensformen vor und diskutiert Begriffe wie „Judenhaus“ und „Ghetto“, und „Transit“ „Repräsentation“ in ihrem historischen Bedeutungswandel vom Mittelalter bis in die Zeitgeschichte.
Im Gegensatz zu einer landläufigen Vorstellung lebten die Jüdinnen und Juden – mit einer Ausnahme in Frankfurt am Main ab 1462 – nicht im Ghetto, sondern in Judenvierteln, die dem Bedürfnis nach religiöser Infrastruktur entgegenkamen. Die Rückführung eines für das Mittelalter anachronistischen Begriffs leitet sich vermutlich einerseits aus dem künftig namengebenden „Ghetto“ in Venedig ab 1516, andererseits aber aus der Ghettoisierung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit ab. Die Vorträge werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Wohnformen im Kontext des innerjüdischen Zusammenlebens und der christlichen Umgebung beleuchten. Die Beiträge zu den nationalsozialistischen Ghettos werden auf der Basis von schriftlichen, mündlichen und sachkundlichen Quellen versuchen, den Alltag und seine Bewältigung unter diesen extremen Bedingungen zu rekonstruieren.
Das sogenannte „Judenhaus“ unterlag einem ähnlichen Bedeutungswandel. Im Mittelalter noch wertfrei verwendet, bedeutet es im 18. Jhd. an manchen Orten tatsächlich eine obrigkeitliche Zuweisung von Juden in bestimmte Häuser. Die NS-Behörden delogierten die jüdische Bevölkerung in allen Städten des Deutschen Reichs und wiesen sie in rasch überfüllte „Judenhäuser“ ein. Ein besonderer Fokus der Tagung liegt auf den „Sammelwohnungen“ in Wien, in die die jüdische Bevölkerung aus ganz Österreich, aber auch aus anderen Stadtbezirken zwangsweise einquartiert wurde.
Der Zwangsaufenthalt in Sammelwohnungen und -lagern ist ein drastisches Beispiel für Wohnen im „Transit“. Diesem Aspekt jüdischen Wohnens widmet sich ein Pannel, das für den Zeitraum vom Ersten Weltkrieg bis 1945 unfreiwillige, jedoch temporäre Ansiedlungen mit Zukunftsperspektiven vorstellt. Die Tagung schließt mit prominenten Beispielen von Repräsentation, die sich vom Mittelalter bis in die Gegenwart nicht nur in jüdischen Wohngestaltungen ausdrückt.
Eintritt frei, Anmeldung nicht erforderlich.
Weitere Informationen zum Programm in den kommenden Monaten auf der Website.