Institut für Zeitgeschichte, Veranstaltungsreihe Interaktionen
Zeit: Do., 13. Oktober 2016, 12:00
Ort: Institut für Zeitgeschichte, Spitalgasse 2-4/Hof 1, 1090 Wien
In einer Stellungnahme aus dem Jahr 1966 sprach der Generalsekretär der Vereinten Nationen erstmals von einem Menschenrecht auf Familienplanung und zeigte sich besorgt über Anzahl und Qualität der Weltbevölkerung. Die Initiative dafür kam vom US-amerikanischen Population Council, einer gut vernetzten und finanzstarken Organisation, die die Wachstumsraten der Weltbevölkerung problematisierte und sich für Maßnahmen der Geburtenkontrolle einsetzte. Die historische Forschung hat gezeigt, dass solche Maßnahmen zum Teil mit Druck vollzogen wurden und negative medizinische Folgen für die Betroffenen hatten. Wie ist in diesem Kontext aber die Bezugnahme auf Menschenrechte zu erklären? Der Vortrag möchte diese Frage klären, indem er die intellektuellen Wurzeln des menschenrechtlichen Diskurses in Debatten um globale Bevölkerungen herausarbeitet. Menschenrechten konnten dabei zur Rechtfertigung von konträren politischen Positionen herangezogen werden und entweder größere Entscheidungsfreiheit von Individuen oder eine staatliche Einschränkung der Kinderzahl fordern.
Roman Birke, Studium der Geschichte an der Universität Wien. Seit September 2013 Universitätsassistent am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien. Dissertationsprojekt zu Menschenrechten und globalen Bevölkerungspolitiken in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Von Oktober 2015 bis März 2016 Marietta-Blau-Stipendiat und Visiting Scholar an der Columbia University, New York City. Forschungsschwerpunkte: Bevölkerungspolitiken und Eugenik im 20. Jahrhundert, Historiographie der Menschenrechte, Sexualitäts- und Geschlechtergeschichte.