Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 130: Feldpostbriefe von Maria E. in der Steiermark und Adolf E. aus von der Gegend von Udine, 2. und 4. Juni 1918

Die Korrespondenz des Ehepaares Maria und Adolf E. liegt in der Sammlung Frauennachlässe in Auszügen als PC-Abschrift vor. Maria E. (geb. 1890) war in einer steirischen Stadt aufgewachsen, wo sie die Ausbildung zur Klavierlehrerin absolviert hatte. Ihre Eltern waren Kaufleute. 1913 heiratete sie den aus Böhmen gebürtigen Juristen Adolf E. (geb. 1885), ihre Kinder waren 1913, 1914, 1915 und 1917 geboren worden. Adolf E. war seit 1915 zum Frontdienst „bei Gericht“ eingezogen. Im Frühjahr 1918 hielt er sich dabei in der Gegend von Udine auf, im Juni wurde er nach Graz versetzt.

2. Juni 1918, Adolf E. an Maria E.

[Meine liebe Maria!]
[…] Es ist mein letzter Brief, den ich Dir schreibe, denn meine Transferierung ist gekommen, ich komme und dann soll ja sobald nicht mehr die Notwendigkeit eintreten, Dir schriftlich zu sagen, was ich mit Dir reden will. […]
In diesem meinem hoffentlich für recht lange Zeit letzten Briefe will ich Dir nochmals sagen, wie innig lieb Du mir bist, wie ich nur an Dich denke und mit jeder Faser meines Herzens an Dir hänge …
Wenn nun auch die schwere Zeit noch nicht aus ist, jetzt, da ich komme, wollen wir sie miteinander eines Geistes tragen und für Dich und die Kleinen auf bessere Tage warten, die ja auch uns gewiß noch schlagen; alles spricht ja dafür:
Du gehst der Genesung entgegen [Maria E. war an TBC erkrankt], die Kleinen wachsen sich heraus [derzeit hatten drei ihrer vier kleinen Kinder die Schafblattern], der Krieg wird ja auch nicht mehr ewig dauern u. dann wird schon für mich eine Stelle zu finden sein, wo es uns so geht, dass wir nicht zu klagen haben. Das erhoffe ich mir schon Deinetwegen, um Dir danken zu können für alle Deine große Liebe zu mir u. um vergessen zu machen, was Schweres Du alles während der letzten Jahre erleben mußtest. Ich fasse meine Rückkehr nach Graz als Wendepunkt zum Bessern auf u. Hand in Hand wollen wir eines Sinnes unserem Glücke für uns u. unsere Kinder entgegenstreben, ich lebe in der Überzeugung, dass Du ja dasselbe fühlst. – […] Transferiert bin ich zum Gerichtsoffizier des Stellvertreters des Militärkommandanten Graz; die Kanzlei ist beim Paulustor, wo im 1. Stock das Divisionsgericht ist u. ich früher war, nur sind seine Kanzleiräume im Parterre; das Gute ist, ich habe dann nur einen Chef, und nicht viele Herren u. wenn mein neuer Chef – ich weiß nicht ob es ein Bekannter ist – ein guter Mann ist, wird es eine ganz schöne Tätigkeit werden […]
[Dein Adolf]

4. Juni 1918, Maria E. an Adolf E.

[Mein lieber Adolf!]
[Stadt], am 4./VI. 1918.
[…] Den ganzen Tag hatte es 8° und ich saß im Zimmer in Winterkleider und warme Hausschuhe gehüllt!! Jetzt könnte es doch bald wärmer werden! Und gestern war ich mit allen 4 Kindern und 3 Ziegen 1 Sunde bis ½8 h auf der gemähten Wiese, wo die Sonne wenigstens frühlingsmäßig schien.– …
Morgen ist Tante Luise [die kleine Schwester der 28jährigen Schreiberin] 12 Jahre alt und – die Nichte und Neffen bekommen immer weniger Respekt vor ihr! Es ist Zeit, daß der gestrenge Papa bald kommt! […]
[Deine Maria]

Sammlung Frauennachlässe NL 174
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Die Verwendung der Namen der Schreiber/innen und ihrer Familien folgt den vertraglichen Vereinbarungen der Sammlung Frauennachlässe mit den Übergeber/innen. In den Dokumenten genannte Namen dritter Personen werden aus Datenschutzgründen anonymisiert. Die Briefe des Ehepaars E. liegen in der Sammlung Frauennachlässe – in Auszügen – als Abschrift vor.

Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 130, Feldpost von Maria und Adolf E., 2. und 4. Juni 1918, SFN NL 174, unter: https://salon21.univie.ac.at/?p=34275