Ausstellungseröffnung: »Wiener Salondame? Ein Albtraum!« Lotte Tobisch – Charme, Engagement, Courage, 29.11.2022, Wien

Wienbibliothek im Rathaus; Kuratorinnen: Tanja Gausterer und Kyra Waldner (Web)

Zeit: 29.11.2022, 19.00 Uhr
Ort: Festsaal der Wienbibliothek im Rathaus

Begleit-Programm (PDF)

Lotte Tobisch-Labotýn (1926–2019) zählte über Jahrzehnte hinweg zu den prägenden Persönlichkeiten des Wiener Gesellschafts- und Kulturlebens.
Auf ihren eigenen Wunsch hin gelangte 2019 ein Teil ihres schriftlichen Nachlasses als Schenkung an die Wienbibliothek im Rathaus, der nun ergänzt um Korrespondenzen, Lebensdokumente und Fotografien aus Privatbesitz im Rahmen der Ausstellung Licht auf bekannte und weniger bekannte Aspekte ihres Lebens wirft. Mit knapp 300 oft erstmals gezeigten Exponaten sowie Audio- und Filmaufnahmen entsteht ein facettenreiches Porträt, das Tobischs vielfältigen Lebensweg von der Kindheit über ihre Schauspielkarriere, ihr privates und berufliches Netzwerk, ihre erfolgreiche Patronanz des Wiener Opernballs wie ihr langjähriges karitatives Engagement etwa als Präsidentin des Vereins »Künstler helfen Künstlern« nachzeichnet.
»Der Widerspruch zwischen meinem Temperament und meinem Äußeren muss frappant gewesen sein, denn ausgesehen habe ich wie ein Engerl«, resümierte Tobisch über ihre kindliche Aufsässigkeit, mit der sie schließlich als Jugendliche ihren Berufswunsch, Schauspielerin zu werden, gegen den Willen der Eltern durchsetzte und jahrzehntelang am Theater, in Film und Fernsehen wirkte. Die große Begeisterung für Literatur und Theater brachte sie früh in Verbindung mit dem Burgtheaterstar Raoul Aslan und dem Dramaturgen und Schriftsteller Erhard Buschbeck (1889‒1960). In ihm fand Tobisch ihren Lebensmenschen, der als Unterstützer moderner Kunst und Literatur sowie als Weggefährte von Georg Trakl auch wegweisend für das intellektuell-künstlerische Milieu war, in das die Schauspielerin eintauchte. Einer ihrer Korrespondenzpartner war Theodor W. Adrono.Beleuchtet wird in der Ausstellung zudem Tobischs weitreichendes Netzwerk. Ihre große Offenheit und Neugierde führten nicht nur zu einem intensiven Austausch mit dem deutschen Philosophen Theodor W. Adorno, sondern auch zu Kontakten etwa zu Ludwig von Ficker, Fritz Hochwälder, Elias Canetti, Bruno Kreisky, Christine Lavant oder Gershom Scholem. »Wiener Salondame? Ein Albtraum! Das ist eine Rollenfachbezeichnung […].
Und überhaupt, was ist eine Dame?« fragte Lotte Tobisch mit der ihr eigenen Nonchalance, obwohl sie diese Dame – durchaus auch als Lebensrolle – schlicht und natürlich zu verkörpern verstand.