Konferenz: „Das Geschlecht der Diplomatie“. Geschlechterrollen in den Außenbeziehungen vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, 12/2011, Bern

Dr. des. Corina Bastian (Historisches Seminar, Abteilung für Neuere Geschichte, Universität Bern, Web); Dr. Eva Dade (Paris); PD Dr. Hillard v. Thiessen (Historisches Institut I, Mittlere und Neuere Geschichte, Universität zu Köln); Prof. Dr. Christian Windler (Historisches Seminar, Abteilung für Neuere Geschichte, Universität Bern)

Zeit: 01.-03.12.2011
Ort: Haus der Universität, Schlösslistrasse 5, 3008 Bern
Anmeldefrist: 11.11.2011; Anmeldung bitte bei Hedy Werthmüller, Historisches Seminar, Universität Bern: hedy.werthmueller@hist.unibe.ch.
Diplomatische Tätigkeit war und ist mit Rollenvorstellungen verbunden, die stark durch die Konstruktionen von „männlich“ und „weiblich“ der jeweiligen Epoche und Kultur geprägt sind. Zugleich weisen geschlechterspezifische Stereotype über zeitliche und räumliche Grenzen hinweg Konstanten auf. Die Tagung wird nach Geschlechterrollen in den Außenbeziehungen in der longue durée fragen.
In ihrer Fragestellung und ihren Zielen baut die Tagung dabei auf den Ergebnissen des Berner Forschungsprojektes „Weibliche Diplomatie? Frauen als außenpolitische Akteurinnen (18. Jahrhundert)“ auf. Zugleich wird die Diskussion über die Epoche der Frühen Neuzeit und die geschichtswissenschaftliche Disziplin hinaus geöffnet. Ziel ist es, ein historiographisch noch kaum bearbeitetes Forschungsfeld abzustecken und eine Geschlechtergeschichte der Diplomatie anzustoßen.
Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit wurde die Ausgrenzung von Frauen aus dem Bereich des Politischen mit deren angeblicher geistiger Inferiorität begründet und die Geschlechterhierarchie mit der natürlichen, gottgegebenen Ordnung gleichgesetzt. Bei adeligen Frauen glich der privilegierte Stand die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts teilweise aus – informelle Machtteilhabe war eine Alternative zur Amtsinhabe. Die historische Geschlechterforschung hat gezeigt, dass weibliche Akteure vor den Prozessen der funktionalen Differenzierung im 18. und 19. Jahrhundert im höfischen Umfeld Einfluss auf viele Bereiche der Politik ausübten. Außenbeziehungen wurden im Zuge des „Strukturwandels der Öffentlichkeit“ dann jedoch stärker als jeder andere Politikbereich männlich konnotiert. In der darauf aufbauenden Tradition der Diplomatiegeschichtsschreibung wurde diese Sichtweise verfestigt. In der Folge wurden die Akteure der politischen Außenbeziehungen vornehmlich im formalen Bereich gesucht und in diesem Bereich aktive Frauen zu Ausnahmen stilisiert. Mit dem Prozess der Globalisierung ist zu beobachten, dass internationale Beziehungen
wiederum stärker durch personale Netzwerke und nicht-staatliche Organisationen gestaltet werden. Zugleich haben Männer und Frauen heute zumindest formal den gleichen Zugang zu außenpolitischen Ämtern.
Wenn Frauen zu Ausnahmen stilisiert werden, geschieht dies, weil sie diese geschlechterspezifischen Grenzen überschreiten. Die Eignung von Frauen für das diplomatische Geschäft wird dann entweder trotz ihres Geschlechts oder gerade aufgrund ihres Geschlechts hervorgehoben. Inwiefern die Instrumentalisierung geschlechterspezifischer Diskurse den Handlungsspielraum der Akteure begrenzte oder erweiterte, wird eine zentrale Fragestellung der Konferenz sein.
Konzepte des „idealen Diplomaten“ sind bis heute von Kategorien wie sozialem Stand bzw. Schichtzugehörigkeit, Alter und Erfahrung oder Bildung bestimmt. Welche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Kategorie „Geschlecht“ für normative Vorstellungen zu?
Für die Teilnahme an der Tagung müssen wir die Pauschale des Hauses der
Universität berechnen: pro Halbtag und Person CHF 21,00.
PROGRAMM
Donnerstag, 1. Dezember 2011
ab 13.30 Uhr: Ankunft und Kaffee
14.00-14.30 Uhr:  Begrüßung und Einführung
DR. DES. CORINA BASTIAN / PROF. DR. CHRISTIAN WINDLER (Bern)
14.30-16.30 Uhr: Grundlagen und Methodisches
PROF. DR. JOAN B. LANDES (Pennsylvania): Gender and Representation in Eighteenth-Century France
PROF. DR. CLAUDIA HONEGGER (Bern): Methodisch-theoretische Implikationen
der Kategorie Gender
Tee- und Kaffeepause
17.00-18.00 Uhr: PD DR. HILLARD V. THIESSEN (Köln): Die Diplomatie vom
type ancien aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive
18.30 Uhr: Gemeinsames Abendessen
Freitag, 2. Dezember 2011
8.30-9.30 Uhr: „Weibliche Diplomatie“ – Frauen in Außenbeziehungen (18.
Jahrhundert): Bilanz des Forschungsprojektes

DR. DES. CORINA BASTIAN (BERN) / DR. EVA DADE (Paris) / LIC. PHIL. EVA
OTT (Bern)
9.30-12.15 Uhr: Panel 1: Normen und Verhaltenscodices im Wandel
UNIV.-DOZ. DR. KATRIN KELLER (Wien): Frauen und Diplomatie in der höfischen Gesellschaft
Tee- und Kaffeepause
JULIA SCHWARZ, M.A. (Bern): Kurfürstin Henriette Adelaïde von Savoyen als diplomatische Akteurin
PROF. DR. CLAUDIA OPITZ (Basel): Zum Wandel der Geschlechterordnung im 18. Jahrhundert
12.30 Uhr: Mittagessen im Haus der Universität
14.15-17.45 Uhr: Panel 2: Inszenierungen von Geschlecht
PD DR. KAY PETER JANKRIFT (Augsburg): „Wenn Männer schweigen.“ Margarethe von Österreich, Luise von Savoyen und der Damenfriede von Cambrai 1529
DR. BIRTE FÖRSTER (Darmstadt): Die „reine“ Frau gegen den „korsischen Dämon“ – fiktionale Darstellungen weiblicher und männlicher Diplomatie im 19. und 20. Jahrhundert
Tee- und Kaffeepause
PROF. DR. SUSANNE SCHATTENBERG (Bremen): Alexandra Kollontaj und die „Rückkehr“ der Frauen in die Diplomatie mit der Sowjetunion
DR. JUDITH GURR (Freiburg im Breisgau): Margaret Thatcher – die Eiserne Lady? Geschlechterspezifische Rollenzuschreibungen in Fremd- und Selbstdarstellungen
Samstag, 3. Dezember 2011
8.30-12.00 Uhr: Panel 3: Geschlechterspezifische Netzwerke
PROF. DR. RAPHAELA AVERKORN (Siegen): Hochadelige Frauen auf der Iberischen Halbinsel als Handlungsträgerinnen der auswärtigen Beziehungen – weibliche Netzwerke in einer Frontier Society (13.-15. Jahrhundert)
PROF. DR. JANE COUCHMAN (Toronto): Women’s Letters across Europe: Epistolary Networks and Diplomacy
Tee- und Kaffeepause
PROF. DR. MADELEINE HERREN-OESCH (Heidelberg): Außenpolitische Akteure im Jahrhundert des Internationalismus
PROF. DR. UTA RUPPERT (Frankfurt): Weibliche Netzwerke in den Internationalen Beziehungen
12.15 Uhr: Mittagessen im Haus der Universität
14.00-16.15 Uhr: Panel 4: Geschlechterspezifische Handlungsfelder – eine  „Arbeitsteilung“?
PROF. DR. SVANTE NORRHEM (Umeå): Women and foreign relations: Sweden during the 1690’s
ELLINOR SCHWEIGHÖFER, M.A. (Giessen): Kategorien der Weiblichkeit. Diplomatengattinnen und Bürgerinnen in Frankfurt am Main zur Zeit des Deutschen Bundes
LIC. PHIL. URSINA BENTELE / DR. SASCHA ZALA (Bern): Von Ehefrauen, Sekretärinnen und Diplomatinnen. Diskurse, Biographien und Verwaltungspraktiken im schweizerischen diplomatischen Corps (1945-1970)
Tee- und Kaffeepause
16.45-18.00 Uhr: Abschlussdiskussion: Hat Diplomatie „Geschlecht“?
PROF. DR. JEAN-CLAUDE WAQUET (Paris): Schlusskommentar
Diskussion im Plenum
18.30 Uhr: Gemeinsames Abendessen
Wir danken folgenden Institutionen für die grosszügige Unterstützung der Tagung:
– Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen
Forschung
– Fondation Johanna Dürmüller-Bol
– Burgergemeinde Bern
– Gerda Henkel Stiftung

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