5. Tea Hour der Sammlung Frauennachlässe (Web)
Zeit: Fr., 30.11.2012, 15.00-17.00 Uhr
Ort: Institut für Geschichte der Universität Wien, Seminarraum 1, 1010 Wien,
Programm (als PDF)
Energie ist zwar eines der großen Themen zu Beginn des 21. Jhds., oft wird aber unterschätzt, dass sich besonders im Haushalt als zentralem Ort des Energieverbrauchs (Energie-)Konsumkulturen ausprägen konnten. Diese historische Studie zum privaten Energiekonsum zeichnet nach, wie der Haushalt und insbesondere die Küche im Laufe des 20. Jahrhunderts vom Ort der Nahrungszubereitung und Bereitstellung von Energie für den menschlichen Körper zum Schauplatz und Spiegel hohen privaten Energieverbrauchs wurde.
Das Dissertationsprojekt, das diesem Vortrag zugrunde liegt, geht der Frage nach, welche AkteurInnen an der Technisierung des privaten Haushalts beteiligt waren, macht Aushandlungsprozesse sichtbar und ergründet, wie Energieverbrauch in der Wertehierarchie der Hersteller, Mediatoren und VerbraucherInnen eingeordnet wurde. Besonders die Rolle von Küchengeräten und ihren NutzerInnen in der Vielzahl komplexer Prozesse, die zu einem stets anwachsenden Energieverbrauch geführt haben, wird untersucht. Denn obwohl die Rolle des Privathaushalts als Energieverbraucher weitläufig unterschätzt wird, prägte die Technisierung der Küche die Etablierung der westdeutschen Stromkonsumgesellschaft. Der „Mentalitätswandel“ in der Küche hin zu immer mehr und immer neueren Geräten prägte die Einstellung vom „guten Leben“ als moderner Konsument und Konsumentin, in dem auch Zentralheizung, Fernsehapparat und PKW nicht fehlen dürfen.
Die Arbeit baut auf einem konsum-, gender- und umweltorientierten technikgeschichtlichen Ansatz auf und erzählt die Geschichte des privaten Energiekonsums als Teil der Geschichte des 20. Jhds. über starre Disziplingrenzen hinaus. Erkenntnisleitend ist einerseits die Frage nach der Konstruktion von NutzerInnen sein, die während des Innovations-, Pro-duktions- und Mediationsprozesses ausgehandelt werden. Auf der anderen Seite spielen die soziale Konstruktion von Technik (SCOT) durch die KonsumentInnen selbst sowie aus kon-sumgeschichtlicher Sicht die Domestizierungs- und Aneignungsprozesse von Technologien, die nicht zwangsläufig reibungslos ablaufen, eine bedeutende Rolle. Besonderes Interesse gilt dabei der Aneignung von Haushaltstechnik durch NutzerInnen und ihren Praxen und Routinen im Umgang mit stromverbrauchenden Geräten im Haushalt.
Entsprechend soll im Rahmen der Präsentation gezeigt werden, wie Selbstzeugnisse, darunter Haushaltsbücher aus der Sammlung Frauennachlässe, den Energieverbrauch im Haushalt aus konsumgeschichtlicher Perspektive nachvollziehbarer machen und die NutzerInnenperspektive auf die Bedeutung des Konsums von Energie in Form von Kohle, Gas und Strom stärken.
Sophie Gerber, TU München, ist aktuell Stipendiatin der Forschungsplattform „Neuverortung der Frauen- und Geschlechtergeschichte im veränderten europäischen Kontext“ (Web).
Die Veranstaltung wird unterstützt von der Abteilung Personalwesen und Frauenförderung.