Austellung: Smell it! Freundschaft als Lebens-, Produktions- und Aktionsform, Eröffnung: 27. Mai 2009, Wien

Austellung: Smell it! Freundschaft als Lebens-, Produktions- und Aktionsform
Eröffnung: Mittwoch 27. Mai, 19 Uhr
Laufzeit: 28. Mai bis 27. Juni 2009
Ort: Kunsthalle Exnergasse / WUK, Währingerstr. 59, 1090 Wien
Freundschaften sind nicht nur in jeder einzelnen Biographie eine der wichtigsten Formen sozialen Zusammenlebens, sondern stellen auch im Kunstbetrieb eine essentielle Voraussetzung dar – sowohl was Kooperationen, Arbeits- als auch Produktionsverhältnisse betrifft. Freundschaften zeigen sich aber auch als Lebensform bzw. Teil subkultureller Community-Formen. Michael Foucault hat einmal gesagt, das Bedrohliche an der Homosexualität ist nicht der Sex, den welche miteinander haben, sondern die Lebensweisen, die sie miteinander erfinden: Freundschaften und Netzwerke, aus denen sich mitunter Aktionen entwickeln. Die Ausstellung Smell it! präsentiert vorwiegend künstlerische Film- und Videoarbeiten, die queere Bezüglichkeiten herstellen oder in einem offenen Dialog zu queeren Kontexten stehen.
Während in den Filmen von Isabell Spengler, Deborah Schamoni, Joyce Wieland und Hollis Frampton Freundschaften ganz unmittelbar als Thema aufgegriffen und im Produktionszusammenhang spürbar werden, bilden Freundschaftsbeziehungen in den Arbeiten von Marie Losier, Paolo Mezzacapo de Cenzo, der Performancegruppe CHEAP, aber auch im Audio-Interview des deutschen Schriftsteller Hubert Fichte mit der Künstlerin Lil Picard geradezu die Voraussetzung für die inhaltlich als auch ästhetische Form, in der sich die jeweiligen Arbeiten zeigen. Auch Katrina Daschner macht gleich zu Beginn ihres Videos HAFENPERLEN (2008) deutlich, in welcher Community sie sich positioniert und einschreibt. Ähnlich einem griechischen Chor rahmen und kommentieren Proponentinnen der queer-lesbischen Kunst- und Kulturarbeit ihre von der „New Burlesque“ inspirierte Performance, in der nicht zuletzt auch auf Freundschaft basierende Produktionsmechanismen deutlich werden.
In den frühen Super-8 Filmen von Bruce LaBruce, die er zum Teil gemeinsam mit Candy Parker realisierte – zu sehen SEXBOMBS (1987) und SLAM (1989) –, diente vor allem die nordamerikanische Punkszene als Angriffsfläche, um deren Machotum (male-bonding) bzw. ihren ausgestellten Nonkonformismus zu hinterfragen und zu dekonstruieren. Die „artist provocateur“, wie LaBruce und die Punk Ikone G.B. Jones gerne bezeichnet werden, sind mit ihrem rotzigen und legendären, auch selten zu sehenden, „queercore“ Fanzine JD´s vertreten, in welchem auch zahlreiche Bleistiftzeichnungen von G.B. Jones (vier im Original bei Smell it! zu sehen) publiziert wurden. Aus anderer Perspektive setzen sich Aina Šmid und Marina Gržinić im Kontext der Punkbewegung mit der Produktion von Fanzines und dem Lesbentum auseinander. Ihre frühe Videoarbeit THE THREAT OF THE FUTURE (1983) zählt neben Dasen Štambuk´s sechsminütigem Film LOVE EXPERIENCE (1988), zu den ganz wenigen dezidiert queeren Arbeiten, die im sozialistischen Yugoslawien entstanden. – Überhaupt ist das Produktionsvolumen an Arbeiten mit queeren Thematiken und Formensprachen in (post)sozialistischen/kommunistischen Ländern, in denen auch gegenwärtig verstärkt homophobe Tendenzen sichtbar sind, als extrem limitiert zu bezeichnen. (Auch für Österreich gilt nur nebenbei, wenngleich aus anderen Hintergründen, ähnliches.)
Das kurze dokumentarische Video INVISIBLE PEARLS (2004) der estnischen Künstler Jaan Toomik, Jaan Paavle und Risto Laius schildert über den Umweg der sexuellen Devianz ein Sexualitätsritual im Umkreis von Männerzirkeln bzw. (ehemaligen) Häftlingen, während sich Karol Radziszewski, Künstler und Herausgeber des einzig schwulen Kunstmagazins DIK FAGAZINE im osteuropäischen Raum, in seiner Installation FAG FIGHTERS: PROLOGUE (2008) ganz unmittelbar mit der Form des „gay-bashing“ auseinandersetzt. Nicht nur hier werden zeitgenössische Aktionsformen, die sich durch Zusammenschlüsse und Freundschaften formieren, deutlich. Im Dialog dazu steht die jüngste Arbeit TEAROOM des Filmemachers und Künstlers William E. Jones, die letztes Jahr auf der Whitney Biennale in New York zu sehen war und in welcher er sich mit einem reaktionären Überwachungsfall in einer öffentlichen Herrentoilette aus dem Jahr 1962 in Ohio beschäftigt, der zur Verurteilung von zahlreichen Männern führte. Gleichzeitig wird in diesem kaum bearbeiteten Ready-Made auch die „alte Idee“ des Cruisings als Form der „Kommunikation“ und Interaktion deutlich; als rarer sozialer Raum, in dem tatsächlich Alters-, Klassen- und Ethnizitätskategorien verschmelzen. (ds)
aus: ladyfestwien@mur.at

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