In der Kriegsgefangenenpost von Georg M. (geb. 1884) aus Astrachan an Julia G. (geb. 1881) in Wien wird immer wieder das schlechte Funktionieren der Postverbindung angesprochen. Ein wiederkehrendes Thema sind auch Geldsendungen. Anhand der Karte vom 24. April 1917, auf der der Friseur seine 36jährige Verlobte nach den Grund fragt, wieso sie – für ihn überraschend – ihre Anstellung bei der „Reichsanstalt“ aufgegeben habe, wird auch die Beschränkung der schriftlichen Austauschmöglichkeiten deutlich. Die Karten und einzelnen Briefe von Georg M. sind durchgängig nummeriert, im Frühling 1917 mit den Ziffern „60“ und „61“. Erhalten sind insgesamt aber nur 18 Schreiben. Ob die fehlenden Schreiben auf dem Postweg verloren gegangen sind oder nicht aufbewahrt wurden, lässt sich nachträglich nicht klären. Wie es bei Kriegspost häufig vorkam, bezogen sich die Schreiber/innen auch hier immer wieder auf die Nummern, die sie erhalten hatten. Die von Juli G. verfasste Seite ist insgesamt nicht mehr vorhanden.
Astrachan, 24. April 917. 60
Mein liebes Julei!
Vor allen meine besten Wünsche zu Deinem bevorstehenden Namensfeste. Ich glaube wenn an diesem Tage meine und Deine Wünsche in Erfüllung gingen, wäre es schon recht. Gleichzeitig meinen besten Dank für Deine lieben Karten 50 vom 14. I. und 58 vom 22. II. die ich mit 2 Karten von R. Karl am 22. IV. erhielt. Bin erstaunt gewesen das Du von Reichsanst. weg bist und warum schreibst Du nicht warum? Geld und Paket bis heute noch nicht erhalten. Gleichzeitig mit dieser Karte geht ein Brief an P. Karl ab. Hast Du meinen Brief schon erhalten? Von Mutter habe ich eine Karte erhalten, die ich sofort beantwortete. Bin gesund und hoffe gerne dasselbe von Dir, Mutter und all unsern Lieben. –
Herzliche Grüsse an Mutter, alle Verwandten und Bekannten.
Innigste Küsse sendet Dir
Dein Schurlei
Astrachan, 9. V. 17. 61
Mein liebes Julei!
Besten Dank für die am 7. V. erhaltene Geldsendung, als auch für Karte 55 vom 1. II. die am 10. V. ankam. Ich erhielt 9.80 Rubel (neun Rubel achtzig Kopeken) ausbezahlt, das ist wenig für 32 Kronen, aber es kam gerade recht, denn vier Monate hatte ich starkes Abführen und kam dadurch a bissi herunter. Seit acht Tagen habe ich nun Ruhe, hoffentlich dauernd und werde nun trachten mich zu erholen. Ist noch gut, dass man etwas zu kaufen kriegt, die Preise sind natürlich nicht gewöhnlich, aber man bekommt doch alles Notwenige.
F. f. a K. 62
Sammlung Frauennachlässe NL 74
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Die Verwendung der Namen der Schreiber/innen und ihrer Familien folgt den vertraglichen Vereinbarungen der Sammlung Frauennachlässe mit den Übergeber/innen. In den Dokumenten genannte Namen dritter Personen werden aus Datenschutzgründen anonymisiert.
Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 103, Kriegsgefangenenkarten von Georg M. an seine Verlobte Julie M., Datum, SFN NL 74, unter: URL