16. Tea Hour der Sammlung Frauennachlässe (Web)
Zeit: 25.05.2018, 15.00-17.00 Uhr
Ort: Lesesaal der FB Geschichtswissenschaften, 1010 Wien
Briefe von der Front wurden bereits vor dem Ersten Weltkrieg verschickt. Auch Kriegsfotografien gab es schon früher. Zwischen 1914 und 1918 wurde beides zu Massenphänomenen. Entsprechend transportierte alleine die Deutsche Reichspost in der Zeit Millionen von Briefen und Paketen. Häufig waren den Briefen Negative von Fotografien beigelegt, die zuhause entwickelt werden sollten. Gelegentlich wurden auch Ansichtskarten verschickt. Manche gingen direkt an die Familien, manche zunächst an einen Fotoladen. Im Gegenzug schickten Familien nicht nur Essen, sondern auch Bilder von daheim, von heranwachsenden Kindern, alternden Eltern, arbeitenden Frauen etc.
Dieser Austausch sollte die physische wie die emotionale Distanz zwischen Heimat und Front überbrücken und Nähe herstellen. Bilder spielten dabei eine große Rolle, zumindest für jene Mittelschichtsfamilien, die sich bereits Fotografien leisten konnten. Die Alben, in denen sie sortiert wurden, sollten den Erfahrungen Sinn geben. Im Leo Baeck Archiv in New York lagern zahlreiche solche Alben, durch die die Kriegserfahrung deutschsprachiger jüdischer Familien analysiert werden können. Diese Sammlungen geben uns einen Einblick in die emotionale Verarbeitung der – für viele – einschneidenden Kriegsjahre durch jüdische Familien in Deutschland und in der Habsburger Monarchie.
Philipp Nielsen ist Assistant Professor of Modern European History am Sarah Lawrence College, USA (Link). Ab September 2018 ist er Fellow am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin (Link).
Bildnachweis: C LBI New York, Egon Fromm Family Collection, AR 25107, ALB 170.