Konferenz: 14. Workshop zur Geschichte der Konzentrationslager, 31.10.-04.11.2007, Neuengamme

„Die Erinnerung an die nationalsozialistischen Konzentrationslager: Akteure, Inhalte, Strategien“

Datum:31.10.-04.11.2007
Ort: KZ-Gedenkstätte Neuengamme
Deadline: 31.08.2007

Seit seiner Begründung im Jahr 1994 bildet der jährlich stattfindende „Workshop zur Geschichte der Konzentrationslager“ ein überregionales und mittlerweile internationales Forum für junge, noch nicht etablierte Wissenschafterinnen und Wissenschafter unterschiedlichster Disziplinen, die in ihren Forschungen zur Geschichte und Nachgeschichte der Konzentrationslager sowie zur Erinnerung an die Lager arbeiten. Der Workshop bietet die Möglichkeit, diese Arbeiten zu präsentieren und kollegial zu beraten und dadurch aktuelle Tendenzen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung in diesem Forschungsfeld zu diskutieren.
Geplant und organisiert wird der Workshop von Doktorandinnen und Doktoranden in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg (FZH) und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und mit freundlicher Unterstützung durch die Fondation pour la Mémoire de la Shoah, die Fritz Thyssen Stiftung und die Dr. Hildegard Hansche Stiftung. Zum Programm gehört eine Exkursion in die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen. Die Beiträge werden in einem Tagungsband publiziert.

Die Referate widmen sich inhaltlich drei Themenkomplexen:
1. Nachgeschichten der Konzentrationslager und damit verbundene unterschiedliche Formen der Erinnerungskultur
2. Gedenkstättenkonzeptionen insbesondere am Beispiel von Neuengamme und Bergen-Belsen
3. Methodische Reflexionen: Zur Interdisziplinarität in der Konzentrationslagerforschung

1. Der Schwerpunkt des diesjährigen Workshops liegt auf der Erinnerung an die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Den unlängst von Aleida Assmann erweiterten Vorschlag von Reinhart Koselleck für eine integrierte Analyse der individuellen und kollektiven Gedächtnisbildung aufnehmend, stellen sich dabei vier Grundfragen: Wer wird erinnert? Was wird erinnert? Wie wird erinnert? Und: Wer erinnert sich? Ausgehend von der letzten Frage werden insbesondere die Akteure in den Blick genommen, also die Träger der Erinnerung an die Konzentrationslager. Dazu gehören in erster Linie die Überlebenden; die von ihnen gegründeten regionalen, nationalen, übernationalen oder internationalen Organisationen; andere Initiativen, die sich die Erinnerung an die Lager und/oder die Errichtung oder Unterstützung von Gedenkstätten zur Aufgabe gemacht haben; die KZ-Gedenkstätten; einzelne Staaten und die Europäische Union. In diesem Zusammenhang und gewissermaßen als extremer Gegenpol zu den bisher genannten Akteuren steht auch die bisher aus guten Gründen noch kaum untersuchte Erinnerungsbildung auf Seiten der Täter. Welche individuellen, kollektiven, staatlichen oder überstaatlichen Akteure produzieren, interpretieren, organisieren, besetzen, vermitteln oder instrumentalisieren die Erinnerung? Welche Motivationen liegen ihren Handlungen zugrunde? Welche ideellen und/oder materiellen Ressourcen stehen ihnen zur Verfügung, um ihre Interessen durchzusetzen und wie wirksam sind sie dabei? Welche Konstellationen und Konflikte ergeben sich zwischen ihnen aus unterschiedlichen Interessenlagen? Diesen und ähnlichen Fragen soll ausgehend von den genannten und möglichen weiteren Akteuren ebenso nachgegangen werden, wie den Fragen, wen, was und wie diese erinnern.

2. Im Hinblick auf das Thema der Tagung ist insbesondere die Nachgeschichte des Konzentrationslagers Neuengamme bemerkenswert. Die jahrzehntelangen Auseinandersetzungen zur Errichtung und Gestaltung dieser KZ-Gedenkstätte stehen beispielhaft für den westdeutschen Umgang mit den historischen Orten des Nationalsozialismus. In ihrer heutigen Form spiegeln sich all die Nutzungsschichten der Zeit vor und nach 1945 wider und zeigen das Zusammentreffen von verschiedenen Erinnerungsakteuren – lokalen, deutschen und internationalen – in der Lager- und Erinnerungstopografie auf. Mit diesem Tagungsort wird zudem der Fokus des Workshops, der im vergangenen Jahr auf den Lagern im Westen lag, auf die skandinavischen Länder erweitert. Wie Neuengamme ist auch die Gedenkstätte Bergen-Belsen derzeit in einer Phase der Neukonzeption auf der Basis neuester historischer, pädagogischer wie gestalterischer Erkenntnisse. Vergleiche zwischen beiden Gestaltungen inklusive der Ausstellungen drängen sich geradezu auf. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich dabei ausmachen?

3. Wie in den vorherigen Jahren regt der Workshop eine Reflexion methodischer Zugänge benachbarter Disziplinen für die Konzentrationslagerforschung an. Dabei sollen diesmal Fragen nach neuen, interdisziplinären Zugängen zur Frage der Quellenkritik an den Berichten ehemaliger Häftlinge im Mittelpunkt stehen.
An die Vorträge, die den Charakter zwanzigminütiger Impulsreferate haben, schließen sich jeweils vierzigminütige Diskussionen an. Darüber hinaus werden in insgesamt vier Panels die Referate der einzelnen Themenkomplexe reflektiert und die Ergebnisse abschließend zusammengeführt. Die ReferentInnen und TeilnehmerInnen werden während der gesamten Dauer der Tagung anwesend sein, um einen möglichst tief greifenden Austausch zu ermöglichen. Die Tagung besitzt Werkstattcharakter, die Diskussion von offenen Fragen steht im Vordergrund.
Die Teilnahmeausschreibung richtet sich an alle jungen Wissenschafterinnen und Wissenschafter, die sich mit dem Forschungsgegenstand „Konzentrationslager“ auseinandersetzen. Wir fordern ausdrücklich auch ausländische, insbesondere aus Frankreich, den Beneluxländern, Skandinavien, Polen und anderen osteuropäischen Ländern kommende, fortgeschrittene Studierende und Promovierende auf, sich um die Teilnahme am Workshop zu bewerben. Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.

Wir bitten alle Interessierten, bis zum 31. August 2007 ein einseitiges Motivationsschreiben inklusive einer Kurzbiographie an folgende E-Mail-Adresse zu senden: neuengamme2007[at]gmail.com

Die Versendung der Teilnahmebestätigungen an die ausgewählten TeilnehmerInnen erfolgt Anfang September.

Das Organisationsteam: Andreas Ehresmann, Philipp Neumann (Deutschland), Alexander Prenninger (Österreich), Régis Schlagdenhauffen (Frankreich)

Veranstalter: Andreas Ehresmann, Philipp Neumann, Alexander Prenninger, Régis Schlagdenhauffen in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg (FZH) und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Hamburg mit freundlicher Unterstützung durch: Fondation pour la Mémoire de la Shoah, Fritz Thyssen Stiftung, Dr. Hildegard Hansche Stiftung, Hamburg

Programm

Mittwoch, 31. Oktober 2007
bis 18.00 Uhr Anreise der TeilnehmerInnen
(Telekom-Tagungshotel, Hamburg Bergedorf)

18.00 – 19.00 Gemeinsames Abendessen
19.00 – 20.00 Begrüßung und Vorstellung der TeilnehmerInnen
20.00 – 21.30 Eröffnungsvortrag mit anschließender Diskussion
Dr. Malte Thießen (D): Das KZ im Gedächtnis der Stadt. Hamburgs Gedenken an die „Befreiung“ Neuengammes 1945 bis 2005

Donnerstag, 1. November 2007
8.30 – 9.00 Transfer zur Gedenkstätte Neuengamme
9.00 – 13.00 Vorträge und Diskussionen I
KZ-Gedenkstätten als Erinnerungsorte

9.00 – 10.00 1. Diane Gilly (F): Die ehemaligen und neuen Ausstellungen in der KZ-Gedenkstätte Natzweiler: von der Erinnerung durch die Häftlinge zur Erinnerung an die Häftlinge
10.00 – 11.00 2. Cornelia Geissler (D): Möglichkeiten und Grenzen personalisierender Darstellungen des Nationalsozialismus in Gedenkstättenausstellungen und ihre Relevanz für die historisch-politische Bildung
11.00 – 11.30 Kaffeepause
11.30 – 12.30 3. Christine Eckel (D): Täterausstellungen“ in KZ-Gedenkstätten. Möglichkeiten und Grenzen der Präsentation neuerer Forschungsergebnisse unter besonderer Berücksichtigung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
12.30 – 13.00 I. Panel: Diskussion der Vorträge eins bis drei
13.00 – 14.00 Mittagessen

14.00 – 17.30 Begrüßung und Erkundung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme mit dem Direktor, Dr. Detlef Garbe
17.30 – 18.00 Kaffeepause
18.00 – 19.00 Diskussion der Gedenkstättenkonzeption mit Dr. Detlef Garbe
19.00 – 19.30 Transfer zum Hotel
19.30 – 20.30 Abendessen
20.30 – 22.30 Film und Diskussion
„KZ“ von Rex Bloomstein, UK 2005

Freitag, 2. November 2007
9.00 – 11.00 Vorträge und Diskussionen II
Nationale und übernationale Erinnerungen an die Lager

9.00 – 10.00 4. Piotr Filipkowski (PL): Polish Camp Narratives across Time and Context
10.00 – 11.00 5. Paola Bertilotti (F/I): Commemorating the deportation in Post-War Italy (1945-1965): memory work, politics of memory and competition among the victims
11.00 – 11.30 Kaffeepause

11.30 – 12.30 6. Jesper Vesterbæck (DK): How the history of the Danish concentration camp prisoners have been told and used
12.30 – 13.30 7. Susan Hogervorst (NL): Weiblichkeit und Widerstand; eine internationale Erinnerungskultur von Ravensbrück?
13.30 – 14.30 Mittagessen

14.30 – 15.30 II. Panel: Diskussion der Vorträge vier bis sieben
15.30 – 18.30 Vorträge und Diskussionen III
Vergessene Opfergruppen
15.30 – 16.30 8. Kim Wünschmann (D/GB): Im Schatten des Holocaust: Die übergangene Erinnerung an die jüdischen Häftlinge in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern der Vorkriegszeit – Fallbeispiel KZ Osthofen
16.30 – 17.00 Kaffeepause

17.00 – 18.00 9. Rosa Fava (D): Schwarze im KZ: Wie die Erinnerungslücke füllen?
17.30 – 18.30 III. Panel: Diskussion der Vorträge acht und neun
18.30 – 19.30 Abendessen
19.30 – 21.30 Wahl des Organisationsteams 2008

Samstag, 3. November 2007
8.00 – 19.00 Exkursion in die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen

8.00 – 9.30 Transfer nach Bergen-Belsen
9.30 – 13.30 Begrüßung und Erkundung der Gedenkstätte mit dem Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Wilfried Wiedemann, dem Leiter der Gedenkstätte Bergen-Belsen, Dr. Thomas Rahe und den Mitarbeiterinnen Martina Staats und Janine Doerry
13.30 – 14.30 Mittagspause

14.30 – 15.00 Diskussion der Gedenkstättenkonzeption mit Wilfried Wiedemann und Dr. Thomas Rahe
15.00 – 17.00 Vorträge und Diskussionen IV
Tätererinnerungen
15.00 – 16.00 10. Carsten Wilke (D): Organisierte Veteranen der Waffen-SS und die Geschichte der Konzentrationslager. Die „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS (HIAG)“ 1950-1965
16.00 – 17.00 11. Jeanette Toussaint (D): Die halbe Wahrheit: Das Verschweigen von Auschwitz in den Lebensläufen ehemaliger SS-Aufseherinnen
17.00 – 17.30 Kaffeepause

17.30 – 18.00 IV. Panel: Diskussion der Vorträge zehn und elf
18.00 – 19.30 Transfer zum Hotel
19.30 – 20.30 Abendessen

Sonntag, 4. November 2007
9.00 – 10.30 Abschlussdiskussion und Auswertungsrunde
10.30 – 11.00 Kaffeepause
danach Abreise der TeilnehmerInnen

Kontakt: Philipp Neumann: neuengamme2007[at]gmail.com

URL des Beitrages: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=7722

Schreibe einen Kommentar