Klicktipp: Iris Schröder: Einführende Überlegungen zu einer möglichen Wahlverwandtschaft (Essay)

Veröffentlicht im Themenportal Europäische Geschichte | Schwerpunkt Europäische Geschichte und Geschlechtergeschichte, 2009 hg. von Iris Schröder unter Mitarbeit von Priska Jones und Monika Mommertz (Web)

Einführende Überlegungen zu einer möglichen Wahlverwandtschaft
Iris Schröder (Web)

„Was hat Europäische Geschichte mit Geschlechtergeschichte zu tun? – Vieles, so ist zu vermuten, denn in dem Maße wie Europäerinnen und Europäer den Kontinent bewohnen und bevölkern, ihn erobern, ihn einnehmen, ihn verlassen und manchmal auch wieder dorthin zurückkehren muss Geschlechtergeschichte als ein historisches Forschungsfeld gelten, das die Europäische Geschichte gleichsam durchzieht. Europäische Geschichte und Geschlechtergeschichte sind demnach mögliche Wahlverwandte. Während die Frauen- und Geschlechtergeschichte sich in manchen ihrer Anfänge zwar der europäischen Dimension verweigerte und sich stattdessen zunächst an Dorf, Stadt, Region sowie Staat und Nation orientierte, konnte und kann die Europäische Geschichte ihrerseits die Geschlechter nicht ausblenden, da „die Europäer“ besonders in der Sozial- und Kulturgeschichte schlechterdings nicht ohne „ihre bessere Hälfte“ auszukommen vermögen.

Aber dies ist nur eine kurze Antwort auf die eingangs gestellte Frage. Sie mag vielleicht auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Jedoch schon beim näheren Hinsehen stellt sich heraus, dass die Antwort ein wenig zu voreilig ist – und zwar aus historiographischen wie methodischen Gründen. Ist die Europäische Geschichte ihrerseits durch ihre genuine Vielfalt sowie durch ihre Umstrittenheit charakterisiert, so lässt sich auch in der aktuellen historischen Geschlechterforschung eine Vielfalt an Ansätzen und Themen erkennen. Dies gibt oft zu Kontroversen Anlass, divergieren hier nicht nur die Fragestellungen und Inhalte, sondern auch die Methoden sowie schließlich die epistemischen Ausgangspositionen erheblich voneinander. Während es in vielen Arbeiten nach wie vor darum geht, das Programm einer Frauen- und Geschlechtergeschichte zu verfolgen, um einer asymmetrischen historischen Aufmerksamkeit gleichsam ein gegenläufiges Projekt entgegenzusetzen, hat sich ein weiterer Teil der Forschung einer anderen Art von Geschlechtergeschichte verschrieben, die auf einer möglichst symmetrischen Betrachtung beider Geschlechter beharrt und die deshalb auch eine neue Männergeschichte apostrophiert. Beide Ansätze – die „historische Frauen- und Geschlechterforschung“ sowie die neuere, prononciert auf beide Geschlechter hin ausgerichtete „historische Geschlechterforschung“ – rücken die Analyse der Geschlechterbeziehungen in den Mittelpunkt. Dessen ungeachtet werden sie in der fortlaufenden theoretischen Debatte inzwischen aber ebenfalls nachdrücklich in Frage gestellt.“ Weiterlesen … (Web)

Zitation: Iris Schröder, Europäische Geschichte – Geschlechtergeschichte. Einführende Überlegungen zu einer möglichen Wahlverwandtschaft. Beitrag zum Themenschwerpunkt „Europäische Geschichte – Geschlechtergeschichte“, in: Themenportal Europäische Geschichte, 2009, <www.europa.clio-online.de/searching/id/fdae-1508>.

Quelle: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/type=diskussionen&id=1218