CfP: Krieg und Geschlecht im 20. Jahrhundert (Publikation); bis: 11.10.2020

Sammelband, hg. von Vincent Streichhahn (Halle) und Riccardo Altieri (Potsdam)

„Ich habe immer versucht, den Krieg zu gestalten. Ich konnte es nie fassen. Jetzt endlich habe ich eine Folge von Holzschnitten fertiggemacht, die einigermaßen das sagen was ich sagen wollte. […] Diese Blätter sollen in alle Welt wandern und sollen allen Menschen sagen: so war es – das haben wir alle getragen durch diese unaussprechlich schweren Jahre.“

Diese Zeilen richtete die Künstlerin Käthe Kollwitz im Oktober 1922 in einem Brief an Romain Rolland. Seit Kriegsende hatte Kollwitz an ihren Holzschnitten gearbeitet, mit denen sie v.a. das Leid des Krieges thematisierte. Ihren Sohn Peter Kollwitz hatte sie bereits 1914 an der Front verloren. Es sind daher überwiegend die Mütter und Witwen, die im Zentrum der künstlerischen Auseinandersetzung von Käthe Kollwitz stehen. Während diese Darstellung des Krieges das Motiv der getrennten Erfahrungsbereiche der Heimat- und Kriegsfront zu perpetuieren scheint, hat die Frauen- und Geschlechterforschung das Narrativ einer starken Trennung der vergeschlechtlichten Fronten für den Ersten Weltkrieg relativiert und die gemeinsamen Kriegserfahrungen herausgearbeitet (Hagemann/Schüler-Springorum 2002). Dennoch ist der Krieg zweifelsfrei ein Ereignis, in welchem die Geschlechterdifferenz vielleicht am entschiedensten formuliert wird, weshalb Margaret Higonnet den Krieg als „gendering activity“ beschrieben hat (Higonnet 1987).

Die allgemeine Geschichtsschreibung und v.a. die Militärgeschichte zeigen sich insbesondere in Deutschland jedoch weiterhin überraschend resistent gegenüber den Erkenntnissen der Geschlechterforschung. Nach wie vor herrscht die Tendenz vor, männliche Erfahrungen zu verallgemeinern, während die Erfahrungen von Frauen einerseits homogenisiert werden und andererseits als Geschlechtergeschichte einem Nischendasein überlassen bleiben. Das soll keineswegs über die partielle Integration dieser Perspektiven in die allgemeine Geschichtsschreibung hinwegtäuschen (Sharp 2015). Im Falle der geschlechtergeschichtlichen Beschäftigung mit Krieg bleibt jedoch viel zu tun, um verschiedene kriegerische Auseinandersetzungen in den Blick zu bekommen und sich nicht auf einen eurozentrischen Rahmen zu beschränken. Weiterlesen und Quelle … (Web).