IWK-Reihe „Feministische Theorie und Gender Studies“ (Wien)

Konzept und Organisation: Susanne Hochreiter, Silvia Stoller

Zeit: jeweils Mittwochs, 18.30 Uhr; Termine: 10.11., 17.11., 1.12.2010 und 12.1.2011
Ort: Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK), Bergasse 17, 1090 Wien
Die Vortragsreihe widmet sich aktuellen Themen aus dem Bereich der feministischen Theorie, der Gender Studies und der Queer Theory. Wissenschaftlerinnen aus verschiedenen Disziplinen präsentieren ihre Forschungsarbeiten und stellen sich der Diskussion. Die Politikwissenschaftlerin Doris Allhutter untersucht das Verhältnis von Pornografie und Technologie. Die Romanistin Marlen Bidwell-Steiner setzt sich mit der rhetorischen Konstruiertheit von „Fakten“ der Neurowissenschaften auseinander. Maria Mesner analysiert den Zusammenhang von Geschlechterkonzeptionen und Mutterschutzregelungen in den USA und Österreich. Schließlich erörtert die Philosophin Sushila Mesquita neue gleichgeschlechtliche Lebensformen aus queer-feministischer Perspektive.
Detailliertes Programm
Mittwoch, 10. November, 18.30 Uhr
Doris Allhutter (Wien):
„Computerunterstützte Porno-Bastelei – Differenz als Techno-Warenfetisch“
Computeranwendungen wie Porno-Suchmaschinen oder 3-D-Porno-Animationen organisieren und simulieren pornografisch inszenierte Körper und ihr Handlungsrepertoire. In ihren technologischen Herstellungs- und Aneignungspraktiken scheint die Faszination der Pornografie mit der Faszination des Technologischen zu verschmelzen, pornografische Fetische vereinigen sich mit technischem Fetischismus. Der Vortrag zeigt, wie die Inszenierung von Ideologien menschlicher Verschiedenheit dazu dient, computergenerierte Pornografie als „natürlich“, „echt“ und „authentisch“ wahrnehmbar zu machen.
Doris Allhutter, Dr.in, Politikwissenschaftlerin, arbeitet im Bereich Wissenschafts- und Technikforschung. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
Mittwoch, 17. November, 18.30 Uhr
Marlen Bidwell-Steiner (Wien):
„Beharrliche Leiblichkeit. Zur Vorgeschichte aktueller Embodiment-Debatten“
In den Neurowissenschaften wird das Verhältnis von Körper und Gehirn verhandelt. Geschlecht spielt dabei eine wesentliche Rolle. Naturwissenschaftliche Untersuchungen basieren nicht nur auf empirischen Fakten, sondern auch auf rhetorischen Konstruktionen. Es zeigt sich, wie sehr einander metaphorische Strategien im diachronen Vergleich ähneln. In der Konfrontation naturphilosophischer Texte aus der Spätrenaissance mit Texten der Gender Studies wird herausgearbeitet, welches Potenzial der Befreiung, aber auch neuer Disziplinierungen in aktuellen Körperdiskursen liegt.
Marlen Bidwell Steiner, Dr.in, langjährige Leiterin des Referats Genderforschung an der Universität Wien, hat derzeit eine Elise-Richter-Habilitationsstelle (FWF) am Institut für Romanistik der Universität Wien inne.
Mittwoch, 1. Dezember, 18.30 Uhr
Maria Mesner (Wien):
„Geschlecht, Reproduktion und die Entstehung des Sozialstaats: die USA und Österreich“
Österreich und die USA gingen am Ende des 19. Jahrhunderts unterschiedliche Wege hinsichtlich der Vermittlung widersprüchlicher Anforderungen an Frauen bezüglich von Erwerbs- und Reproduktionsarbeit. Das führte dazu, dass in den USA noch in den 1970er Jahren Mutterschutzbestimmungen völlig fehlten, während es in Österreich ein gut ausgebautes System sozialstaatlicher Leistungen gab. Der Vortrag sucht nach den historischen Gründen für diese Divergenz, die bis in die Gegenwart wirkt. Erklärungsansätze finden sich in den unterschiedlichen Geschlechterordnungen und in den Strukturen der politischen Kultur.
Maria Mesner, Dr.in, Universitätsdozentin, studierte Geschichte, deutsche Philologie und Soziologie, Leiterin des Bruno-Kreisky-Archivs.

Dienstag, 11. Jänner, 19.00 Uhr
Ort: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien
Buchpräsentation: „Es ist Zeit, klassische Geschlechtertheorien im 20. Jahrhundert einer Neulektüre zu unterziehen!“
Silvia Stoller (Wien), Arno Böhler (Wien) und Christina Schües (Vechta, Hamburg)
Im Gespräch mit Arno Böhler und Christina Schües präsentiert Silvia Stoller ihr neues Buch„Existenz – Differenz – Konstruktion. Phänomenologie der Geschlechtlichkeit bei Beauvoir, Irigaray und Butler“ (München: Wilhelm Fink 2010). Existenz, Differenz, Konstruktion fanden als Leitbegriffe des 20. Jahrhunderts auch Eingang in die Geschlechterforschung. Beauvoir (Existenz), Irigaray (Differenz) und Butler (Konstruktion) sind ihre prominenten Vertreterinnen. Wurden diese bislang als Gegensätze rezipiert, geht diese Studie mittels der Phänomenologie einen ganz anderen Weg.
Mittwoch, 12. Jänner, 18.30 Uhr
Sushila Mesquita (Wien):
„Queering the Family!?“
Im Rahmen des Vortrags sollen zunächst grundlegende Fragen in Zusammenhang mit der spät, aber doch auch in Österreich erfolgten rechtlichen Anerkennung bestimmter gleichgeschlechtlicher Lebensweisen aufgeworfen werden. Mit Blick auf den gesellschaftspolitischen Kontext, auf die Bedingungen und den Preis der Anerkennung werden Grundzüge queer-feministischer Lebensformpolitiken diskutiert, in deren Zentrum die Schaffung rechtlicher Anerkennungsmöglichkeiten für möglichst viele Familienformen stehen.
Sushila Mesquita, Mag.a, hat in Wien und Basel Philosophie und Geschlechterforschung studiert. Sie ist verstrickt in diverse queer-feministische, anti-rassistische und popkulturelle Zusammenhänge und Projekte.
Koordinatorinnen:
Susanne Hochreiter, Mag.a Dr.in, Universitätsassistentin am Institut für Germanistik der Universität Wien.
Silvia Stoller, DDr.in, Universitätsdozentin am Institut für Philosophie der Universität Wien. Schwerpunkte in Lehre und Forschung: Phänomenologie, feministische Philosophie, Gender Studies, philosophische Anthropologie.

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