Frauenarbeitsgemeinschaft der österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (Web)
Zeit: Di., 29.06.2021, 18.30 Uhr
Ort: virtueller Raum (Link), via Wien
Die österreichische Dichterin Paula Ludwig (1900-1974) war eng verbunden mit verschiedenen Kreisen expressionistischer KünstlerInnen, zuerst in München (1917-1923), später auch in Berlin (1923-1933). Im Bereich der bildenden Künste war sie in jungen Jahren Malermodell für prominente Künstler, v.a. aber war sie selbst als Malerin tätig. Auch zur Welt des Theaters gab es enge Verbindungen: Zuerst arbeitete sie als Souffleurin, dann als Kleindarstellerin, z.B. an den Münchner Kammerspielen, 1920 sogar beim ersten „Jedermann“ in Salzburg. In erster Linie aber war Paula Ludwig Schriftstellerin. Sie veröffentlichte mehrere Bände mit Lyrik, Traumprotokolle und autobiographische Texte.
Ihre Lebensumstände brachten es jedoch mit sich, dass sie in all diesen Szenerien gewissermaßen eine Randexistenz führte. In den Jahren des Exils in Brasilien (1940-1953) fand sie keine Möglichkeit, eine eigene Existenz als Künstlerin aufzubauen. Heute gilt Paula Ludwig, folgt man den wenigen neueren Aufsätzen über die Autorin, meist als „vergessene“ Schriftstellerin, oft auch als Lyrikerin, die ihre eigene poetische Stimme „verloren“ hat. Es stimmt: Nach der Rückkehr nach Europa veröffentlichte sie nur noch wenige Texte, im Nachlass gibt es aber mehrere unveröffentlichte Manuskripte, darunter einige, die in Brasilien entstanden sind bzw. die Brasilien zum Thema haben.
Der Vortrag konzentriert sich auf die Erfahrungen der Dichterin im brasilianischen Exil und stellt dazu Fragen: Wie hat Paula Ludwig Brasilien erlebt? Welches Bild von Brasilien wird in ihren Texten entworfen? Und wie erinnert sie sich, nach ihrer Rückkehr, an das Exilland? Und nicht zuletzt: Gibt es Zusammenhänge zwischen dem Brasilien-Erlebnis und ihren frühen Texten, den Erfahrungen in den avantgardistischen Kreisen Deutschlands? Diese Fragestellung wird eine wichtige Perspektive für die weitere Arbeit an der Dissertation sein.
- Moderation: Ursula Stern
Mariana Holmsist Doktorandin der Universität von São Paulo und Stipendiatin des OeADs (Ernst-Mach weltweit). Zurzeit arbeitet sie in Wien an ihrer Dissertation, die in Österreich von Daniela Strigl betreut wird. Ihre Magisterarbeit schrieb sie 2018 in São Paulo über Stefan Zweigs „Die Welt von Gestern“. Dazu dienten ein Forschungsaufenthalt in Österreich und ein Stipendium des Stefan Zweig Zentrums Salzburg