Vortrag: Irene Messinger: „Freiwilligkeit“ und Zwang bei den Pensionierungen von Fürsorgerinnen an Wiener Jugendämtern 1938 – Recherchestrategien und erste Forschungsergebnisse, 06.04.2022, Wien und virtueller Raum

Vortrag der Reihe Geschichte am Mittwoch (Web) // (PDF)
Kooperation mit fernetzt – Junges Forschungsnetzwerk Frauen- und Geschlechtergeschichte (Web)

Zeit: 06.04.2022, 18.30 Uhr
Ort: voraussichtlich „hybrid“, Universität Wien, HS 30 – und virtueller Raum

In den 1930er Jahren arbeiteten die meisten ausgebildeten Wiener Fürsorgerinnen in einem der 14 Bezirksjugendämter der Stadt Wien. Die Aufgabe war herausfordernd: So unterstützten sie die (werdenden) Mütter und Familien, sie waren aber auch deren Kontrollinstanz. Dabei waren die Fürsorgerinnen ihren männlichen Vorgesetzten im Innendienst der Fürsorgebürokratien unterstellt.
Fürsorgerinnen waren als Beamt*innen der Stadt Wien zumeist nach 5 Jahren pragmatisiert und konnten daher nicht so einfach gekündigt werden. Durch Pensionierungen wurden daher unliebsame Personen sowohl im Austrofaschismus als auch in der NS-Zeit aus dem Dienst entfernt. Doch es gibt bis dazu heute keine gesicherten Zahlen. Wie können diese Fälle gefunden werden? Präsentiert werden Überlegungen zu Recherche und Auswahl.
Im Austrofaschismus wurden vor allem verheiratete Fürsorgerinnen aufgrund der „Doppelverdienerverordnung“ pensioniert, manchmal auch als versteckte Disziplinierung der sozialdemokratischen Opposition. Im NS beantragten zum einen im Frühjahr/Sommer 1938 eine große Zahl eher junger Fürsorgerinnen ihre „freiwillige Pensionierung“, begründet mit Sorgepflichten, Kinderwunsch oder Krankheit. Zum anderen fanden zahlreiche Zwangspensionierungen nach dem Berufsbeamtengesetz 1938 statt, aus politischen Gründen oder wenn Beamtinnen vom NS-Regime als jüdisch definiert wurden. Anhand von 3 Fallbeispielen wird das Spannungsfeld von Freiwilligkeit und Zwang ausgelotet.

Moderatorin: Therese Garstenauer

Irene Messinger, Prof.in (FH), ist Politikwissenschafterin und im Bereich Exil- und Migrationsforschung tätig. Forschungsprojekt und Ausstellung zu Scheinehen in der NS-Zeit „Verfolgt. Verlobt. Verheiratet“: 03-10/22 im Frauenmuseum Hittisau (Web). Projektleitung „Verfolgte Fürsorgerinnen aus Wien“ (Web). Sie lehrt an der FH für Soziale Arbeit und der Univ. Wien.
Link zu der Online-Veranstaltung: https://fh-campuswien.zoom.us/j/5525718885?pwd=bTNlK3ZiVTVhbVQxY2kyRGVSdnY4UT09