Institut für Historische Sozialforschung (Web)
Zeit: 13.04.2023, 18:30-20:00 Uhr
Ort: AK Bibliothek, Prinz-Eugen-Str. 20-22, 1040 Wien
Die Revolution von 1848 entzündete sich unter anderem an der Frage der Volksbewaffnung, der Abschaffung des Berufsmilitärs und der Einführung eines Wehrpflichtigenheeres. Warum gaben die Liberalen ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Stehenden Heer zwanzig Jahre später auf und befürworteten 1867 plötzlich die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht? In welchen Kreisen der Bevölkerung regte sich dagegen Protest – und weshalb? Wie erlebten wehrpflichtige junge Männer den Dienst in der neuen Armee, die nun plötzlich als „Schule des Volkes“, aber auch als „Schule der Männlichkeit“ inszeniert wurde? Solchen und vielen weiteren Aspekten widmet sich Christa Hämmerle in ihrem neuen Buch, das im Rahmen dieses Vortrages vorgestellt und diskutiert wird.
Die Teilnahme ist kostenlos. Eine Anmeldung ist notwendig. Link zur Anmeldung (Web)
Zur Vortragenden: Christa Hämmerle ist a.o. Universitätsprofessorin für Neuere Geschichte und Frauen- und Geschlechtergeschichte an der Univ. Wien, Herausgeberin von L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft und Leiterin der Sammlung Frauennachlässe.
Zur Publikation: Christa Hämmerle: Ganze Männer? Gesellschaft, Geschlecht und Allgemeine Wehrpflicht in Österreich-Ungarn (1868–1914), Campus Verlag, Frankfurt, 2022 (Web)
Die Geschichte der Allgemeinen Wehrpflicht in Österreich-Ungarn – neu perspektiviert: Im Brennpunkt stehen etwa die legistische und soziale Militarisierung vor dem Ersten Weltkrieg und der »moderne« Anspruch der k. (u.) k. Armee, eine »Schule des Volkes« sowie eine »Schule der Männlichkeit« zu sein – und zwar für alle jungen Männer der multiethnischen Habsburgermonarchie. Doch wie sah die Praxis aus, wie bilanzierten ehemalige Soldaten ihren Präsenzwehrdienst? Nach der verlorenen Schlacht gegen Preußen bei Königgrätz (1866) war die Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht in Österreich-Ungarn ab Ende 1868 zwar breit akzeptiert, stieß aber auch auf Ablehnung und Kritik. Von den einen wurde sie, eindringlich davor warnend, mit Militarismus und der Gefahr eines kommenden »Volkskrieges« gleichgesetzt, während Militärfreunde und Politiker unterschiedlicher Lager mit Blick auf die Aufrüstungstendenzen in Europa ihre Notwendigkeit betonten. Christa Hämmerle eröffnet facettenreich neue Perspektiven auf die Geschichte der k. (u). k. Armee vor dem Ersten Weltkrieg. Besonderes Augenmerk richtet sie auf geschlechtergeschichtliche Dimensionen; zudem bietet sie eine innovative »Geschichte von unten«, indem Wehrpflichtbriefe, Militärgerichtsakten und Erinnerungen deutschösterreichischer Soldaten ausgewertet werden.