Vortrag: „Kolonialisierte Körper. Zum kolonialen Afrikadiskurs deutschsprachiger Autorinnen“, 17.12.07, Graz

Unter Referenz auf Positionen der Diskurstheorie Foucaultscher Provenienz und der postkolonialen (Geschlechter-)Theorie widmet sich der Vortrag dem kolonialen Afrikadiskurs – Autobiographien, Tagebüchern, Siedlungsromanen, Kolonial(kriegs)romanen – deutschsprachiger Autorinnen um 1900. Dabei werden zum einen die (nicht nur diskursiven) Praktiken aufgezeigt, durch die deutsche Frauen am Projekt des Kolonialismus partizipierten, zum anderen werden die Ambivalenzen und Widersprüche konturiert, wie sie mitunter aus der ambivalenten Position der weißen Frauen im kolonialen Kontext als das »›unterlegene‹ Geschlecht der ›überlegenen‹ Rasse« (Frances Gouda) resultierten und sich auch in den diskursiven Konstruktionen des Körpers, den Formen seiner Sexualisierung und Rassialisierung niederschlugen. Nach Foucault funktioniert die sich im 19. Jahrhundert etablierende Normalisierungsgesellschaft durch das Zusammenwirken von Disziplinarmechanismen und Regulierungsmechanismen, die beide auf unterschiedliche Weise auf den Körper – als individuellen Organismus und als Objekt der Bevölkerungspolitik – einwirken, wobei es die regulierenden Technologien der auf die »Erhaltung der Art« ausgerichteten Bio-Macht sind, die nach Foucault den Rassismus und seine Installation als Machtmechanismus des Staates begründen. In der Rekonstruktion des kulturellen und politischen Kontexts, aus dem die Diskurse der Autorinnen hervorgingen, stellt der Vortrag diese Praktiken der Disziplinierung und Regulierung der Körper in ihrer Bedeutung für die Durchsetzung imperialer Interessen dar und geht den Kontinuitäten zwischen Kolonialismus und Nationalsozialismus nach.
Alexandra Strohmaier, geb. 1975. Studium der Germanistik sowie der Anglistik und Amerikanistik in Graz, Oxford/England und den USA. 2004 Promotion mit der Dissertation Logos, Leib und Tod. Studien zur Prosa Friederike Mayröckers an der Karl-Franzens-Universität Graz (ausgezeichnet mit dem Wissenschaftspreis der Österreichischen Gesellschaft für Germanistik). Seit 2003 Lehrbeauftragte für Neuere deutsche Literatur am Institut für Germanistik sowie Lehrbeauftragte im Rahmen der interfakultären Lehre zur Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Graz. Seit Jänner 2006 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Rahmen des Forschungsprojekts Literatur und/als Ethnographie. Zur diskursiven Konstruktion des Anderen am Beispiel Galiziens (1772–1918). Publikationen u.a.: Leopold von Sacher-Masoch, hg. mit Ingrid Spörk, Graz – Wien (2002); Veza Canetti, Hg. mit Ingrid Spörk, Graz – Wien, 2005.
Dr.in Alexandra Stohmaier, MA, Germanistik
MO., 17. Dezember 2007 18.00 Uhr, Großer Sitzungssaal A2/15.21, RESOWI

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