CfP: Perspektiven der sozialwissenschaftlichen Gewaltforschung (Event, 07/2025, Bielefeld); bis: 15.08.2024

Max Breger, Ekkehard Coenen, Tabea Koepp, Felix Roßmeißl und Lena Verneuer-Emre

Zeit: 03.-04.07.2025
Ort: Bielefeld
Einreichfrist: 15.08.2024

Phänomene der Gewalt waren lange Zeit das „analytische Stiefkind“ (von Trotha) der Sozialwissenschaften. Entweder wurde ihnen in der sozial- und gesellschaftstheoretischen Begriffsbildung überhaupt keine Beachtung geschenkt oder man subsumierte sie unter unspezifischen und normativen Begriffen. So wurden sie als „soziales Problem“ klassifiziert oder als „staatliches Gewaltmonopol“ unhinterfragt vorausgesetzt. Als eigenständiger Forschungsgegenstand blieben sie jedoch analytisch weitgehend unterbelichtet. Dass Gewalt als besondere soziale Praxis verstanden werden kann, dass sie auf spezifische Weise erlebt wird, dass sie an besondere Sinnwelten geknüpft und als eigensinnige „Machtaktion“ (Popitz) zu begreifen ist, die Personen verletzt, fiel aus den Betrachtung heraus.
Dies änderte sich ab Mitte der 1990er Jahre, als verschiedene Autor:innen einen radikalen Perspektivwechsel in der sozialwissenschaftlichen Erforschung von Gewalt forderten. Ausgehend von der vehementen Kritik der Verdrängung von Gewalt aus sozialwissenschaftlichen Theorien und der Ignoranz gegenüber Gewalt als einem spezifischen interaktiven und dynamischen Geschehen setzten sie sich programmatisch für eine neue, innovative Gewaltforschung ein. Diese Intervention war seither immer wieder Gegenstand der fachlichen Diskussion und ging in das Bemühen über, Gewalt sozialwissenschaftlich zu verstehen und zu erklären. Zwar bedurften viele der Forderungen einer Revision und einige Punkte harren noch immer der Bearbeitung. Dennoch brachen sie alte Perspektiven auf und ermöglichten es, Gewaltphänomene neu zu fokussieren und sozialwissenschaftlich zu erkunden. Sie stießen eine teils kontroverse, jedoch empirisch, theoretisch wie auch methodologisch gewinnbringende Diskussion an, die zu neuen Einblicken in die sozialen Aspekte von Gewaltphänomenen führten.
Durch diese Debatten entwickelte sich die sozialwissenschaftliche Gewaltforschung in den letzten drei Jahrzehnten zu einem lebhaften und ausdifferenzierten Forschungsfeld, auf dem mit den Grenzen des eigenen Gegenstandes, den methodischen und theoretischen Herangehensweisen und den empirischen Zugängen gerungen wird. Zentral war hierfür mit Sicherheit der „situationistische Drift“ (Braun/Keysers), der die Dynamiken von Gewaltereignissen und die darin verorteten Interaktionen in den Blick rückte. Weiterlesen und Quelle … (Web)