Der Architekt Leopold Wolf (geb. 1891) war im Oktober 1916 nach seinem Urlaub in Wien an die Front in Italien zurückgekehrt, wo er als Leutnant in einer Mörserbatterie stationiert war. Seine Verlobten Christl Lang (geb. 1891) beschrieb in ihren ausführlichen Briefen das Reden über einen „Sonderfrieden mit Russland“, das Attentat auf Karl Graf Stürgkh und Hungersnöte, gab aber an, selbst gut versorgt zu sein. Sie schilderte ihre Arbeiten im Haushalt und im Geschäft der Eltern, die Freizeitbeschäftigungen und die Kontakte mit ihrer und der Familie des Verlobten wobei sie von kleine Kindern berichtete, die patriotische Lieder vorführten. Sie erkundigt sich detailliert nach den Tätigkeiten des Verlobten bei Kampfhandlungen und und nach Gegebenheiten in der Kompanie, beschrieb ihre Strategien, die Trennung auszuhalten und erinnerte an gemeinsame Erlebnisse. Ein in dieser Korrespondenz ständig präsentes Thema ist der Erhalt von bzw. das Warten auf Poststücke.
Feldpostkorrespondenzkarte, Leopold Wolf an Christl Lang
13.10.16.
Liebste Christl!
Heute habe ich das erstemal ordentlich schlafen können; nachdem ich schon seit der Abfahrt nicht recht aus den Kleidern kam war mir das natürlich eine besondere Wohltat. Mit Wasser ists hier ein besonderes Gefrett [Schwierigkeit]. Wir bekommen zwar genügend Sauerwasser und auch Wein aber die Mannschaft kriegts nur knapp bemessen. Wie das sein wird mit dem Wäsche waschen weiß ich noch nicht. „Ansonsten“ ists herrlich hier. Die Katzelmacher [Italiener/innen] machen sich zwar manchmal recht unangenehm bemerkbar, aber hoffentlich bleibts so und wird nicht ärger. Geschlafen habe ich einmal in einer Doline [Bodensenke in Karstgebieten], sonst heute in einem Dorf rückwärts. Man kann ganz gut noch draußen kampieren. Tagsüber ist es so warm, daß ich froh bin die Sommerbluse zu haben, die hellen Mondnächte sind etwas kühl. Auch heute schlafe ich draußen, weil ich Batteriedienst habe. Von nun an haben wir geregelten Dienst, so daß wir jeden zweiten Tag frei sind. Da werde ich einmal ins Meer baden gehen, vor allem aber einmal einen langen Brief schmieden. Viele herzliche Grüße und tausend Küsse Dein
Poldi.
Handküsse zu Hause.
Briefe von Christl Lang an Leopold Wolf
Wien, 18. Okt. 1916.
Liebster Poldi!
Habe heute Deine Karte vom 15. ds. erhalten, ich freute mich schon so auf einen Brief, einstweilen sinds wieder nur ein paar Zeilen; immerhin danke ich Dir herzlichst für die Karte, woraus ich erseh, daß es Dir erträglich geht, was mich wieder sehr beruhigt. Seit Samstag machte ich mir allerlei Gedanken ich hatte einen so merkwürdigen Traum, einen Spiegel hab ich auch zerbrochen, am Sonntag nämlich. Du wirst mich abergläubisches Ding gewiß auslachen, aber es ist schon so.
Es scheint eine Menge Post in Verlust zu geraten, 1. diesen Brief, durch einen Inft. Lt. befördert, habe ich nie erhalten, leider, Deine Fp. N. habe ich erst am 16. ds. früh erfahren und habe sofort die 2 für Dich bereit gelegenen Briefe auf die Post gebracht. Heute wirst Du sie ja schon haben.
Auch wir hatten herrliche Herbsttage und daß es dort unten angesichts des blauen Meeres erst recht schön sein muß, begreif ich gern. Also ein galizischer Winter wirds auf keinen Fall, nun schon ein Übel weniger, wenn nur alles Anders auch darnach gestimmt wäre, daß Continue reading →