Christine Wolf (geb. Lang, geb. 1891) und Leopold Wolf (geb. 1891) waren seit einem Dreivierteljahr verheiratet, im Frühling 1918 erwarteten ihr erstes Kind. In ihren Briefen schilderte die gut situierte Wienerin die derzeit eingeschränke Versorgungssituation – in Bezug auf Lebensmittel sowie auf Informationen –, und ihre Strategien, dennoch dazu zu kommen. Als neue Vorständin eines eigenen Haushalts beschrieb sie ihre Überlegungen zu einem passenden Dienstmädchen oder -burschen. Auch sprach sie den offenbar von ihrem Ehemann formulierten Wunsch betreffend dem Geschlecht ihres Kindes an. Dazwischen wurden zudem weltpolitische Ereignisse und Kriegsverdrossenheit thematisiert und die junge Frau versuchte, ihren Ehemann zu motivieren, sich um eine Versetzung nach Wien zu bemühen.
Wien, 16.II.1918.
Liebster Poldi!
In Deinen letzten Karten machst Du mich so neugierig und vertröstest mich immer auf morgen mit einem Brief und noch immer hab ich keinen. Also hoffentlich hast Du endlich Dein Versprechen eingelöst und mir wirklich am 12. wie Du in der letzten Karte sagst, lange und ausführlich geschrieben, was mir die Post ja dann morgen, Sonntag, bringt.
Vor allem freuts mich nur, daß Deine Stimmung wieder bedeutend besser ist und Deine Angelegenheiten so gut stehen. Also der Oberst ist weg, nun jedenfalls ist das eine kolossale Genugtuung für Dich, wie auch Du sagst. Die Sache hat auf alle Fälle eine andere Wendung bekommen, als der O. gewünscht, o. erwartet hat. [In den vergangenen Briefen war ein Konflikt in der Einheit von Leopold Wolf angesprochen worden.] Ansonsten wäre mir aber schon lieber Du wärst auf Urlaub und bekämst eine Hinterlandsverwendung, nun nachdem was Du mir vom Hanns [Bruder von Leopold Wolf] schreibst, hast Du auch darauf Aussichten. Wenn beim Militär nur nicht alles so langweilig wäre! Da geht aber alles mir scheint, nach dem schönen Lied „Langsam, langsam, langsam!“
Übrigens hast Du den Staat kolossal in Unkosten gestürzt, mit Deinen 2 Finger dicken Band Akten [vermutlich eine Postsendung oder die Personalakte], jetzt noch dazu bei der Papiernot, wo man in Wien bald die Tagesneuigkeiten auf die Häusermauern drucken wird. Ich bekomme keinen Tag […] eine Zeitung, trotzdem ich [zur Trafikantin] so lieb und nett bin. Immer nur ein Mittagsblatt, mit dem ist mir aber nicht geholfen, ich brauch ja das Morgenblatt, um zu sehen, was ich bei der „Rohö“ [Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs] und sonstigen [Konsum]Vereinen nicht krieg.
Heute hab ich sie gefragt, ob sie ein Abonnement annimmt, ich wollte es ja nur deshalb von ihr, damit sie mich auch hie u. da mit Zigaretten beglückt, aber nicht einmal das kann sie, weil sie so wenig von der Druckerei bekommt. Am besten wird sein Continue reading →