Vortrag: Benno Gammerl: Provinzialisierung der Homosexualität? Städtische und ländliche Räume in den biografischen Erzählungen von westdeutschen Lesben und Schwulen, 13.05.2013, Wien

Vortrag im Rahmen der FSP-Vortragsreihe Stadt-Land-Geschichten des Forschungsschwerpunkts Wirtschaft und Gesellschaft aus historisch-kulturwissenschaftlicher Perspektive
Zeit: Mo, 13. Mai, 18:00-19:30 Uhr
Ort: Seminarraum WISO 1, Hauptgebäude, Stiege 6, 2. Stock, Zwischengeschoß
Betonwüste oder Waldeskühle, schneller Sex in einer Bahnhofstoilette oder romantisches Spazieren auf einer Blumenwiese – solche oft emotional aufgeladenen Gegensätze prägen die Lebensgeschichten frauenliebender Frauen und männerliebender Männer. Welche Rolle spielen Land und Stadt für deren biografische Selbstentwürfe? Inwiefern bewirkte die Normalisierung der Homosexualitäten seit 1970 einen Wandel der Wahrnehmung von Stadt und Land sowie der damit verbundenen emotionalen Muster und Praktiken?
Benno Gammerl, Dr., wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin; Forschungen und Veröffentlichungen zu Geschichte von Imperien, Staatsbürgerschaft und Staatsangehörigkeit, Zeitgeschichte der Homosexualität in Deutschland; Forschungsprojekt zu „Homosexualität und Gefühlsleben auf dem westdeutschen Land (1960-1990)“
Im März 2013 startet die Vortragsreihe des FSP mit dem Rahmenthema Stadt-Land-Geschichten. Seit der Entstehung der ersten Hochkulturen wird die Dynamik gesellschaftlicher Entwicklung in hohem Maß von Städten geprägt. Zugleich lebte bis vor kurzem die große Mehrheit der Weltbevölkerung auf dem Land. Erst seit dem Jahr 2007 wohnt – nach den Schätzungen der UNO – mehr als die Hälfte der Menschheit in Städten, mit rasch wachsenden Anteilen in Megastädten oder komplexen urbanen Konglomeraten. Stadt-Land-Beziehungen bilden deshalb seit vielen Jahrtausenden eine zentrale Achse des menschlichen Lebens, mit der sich ein breites Spektrum von geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen beschäftigt.
In Diskursen, Ideologien und künstlerischen Praktiken, aber auch in den Wissenschaften dominiert bis heute die Gegenüberstellung von Stadt und Land, während die vielfältigen Beziehungen des Austauschs, der lebensweltlichen Verflechtungen, aber auch der Kombination von städtischen und ländlichen Lebensentwürfen und Lebensformen weniger Aufmerksamkeit gefunden haben. Gerade darauf lenkt die Vortragsreihe des FSPWirtschaft und Gesellschaft den Blick. Die Beschäftigung mit Stadt-Land-Beziehungen erfordert interdisziplinäre und globale Perspektiven, weil sie zahlreiche Dimensionen bündeln: in wirtschaftlicher Hinsicht Arbeitsteilung und Aneignung, in politischer Hinsicht Über- und Unterordnung, in sozialer und kultureller Hinsicht die Verschiedenheit von Lebensstilen wie auch wechselseitige Zuschreibungen, Bilder und Abgrenzungen.

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