Bericht für Salon 21 von Nikola Langreiter
Von kleinen Ausstellungen wird ja oft behauptet, dass sie fein sind. Auf „Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien“, noch bis 26. Juni 2009 im Wiener Rathaus zu sehen, trifft der Reim zu.
Elke Krasny hat 20 Frauen auf einem ihrer Alltagswege begleitet und so die Stadt neu kartiert. Diese subjektiven Beziehungen zu Wien erweiterte die Kulturwissenschaftlerin um aktuelle und historische Fakten und Daten zu Frauen, die entlang der erhobenen Wegstrecken lebten und arbeiteten oder das gegenwärtig tun.
Diese Frauengeschichten wurden mittels Tiefenbohrungen in den Sammlungen der Stadt Wien bereichert. Bibliothek, Druck- und Handschriften, Plakatsammlung und das „Tagblattarchiv“, die reichhaltige Zeitungsausschnittssammlung der ArbeiterInnen, wurden in Hinblick auf Frauen und ihre Produktionen durchforstet. Insgesamt wurde zu 700 Akteurinnen Material erhoben
In der Ausstellung präsentiert Elke Krasny eine kleine Auswahl dieser Recherche und illustriert damit jene Wege, auf denen sich heutige Wienerinnen von ihr begleiten ließen. Die Kuratorin hat das „Ausstellungs-Kabinett“ im Rathaus wohlüberlegt genutzt und aus dem langen, schmalen, nicht gerade ansehnlichen Raum überraschend viel gemacht. An einer Längsseite sind auf einem riesigen Stadtplan sieben der Frauenalltagswege eingezeichnet. Überdimensionierte Post-its weisen auf die interessantesten historischen Protagonistinnen entlang der jeweiligen Strecke hin. Kurzbiografien mögen ein problematisches Genre sein – hier machen sie auf eine Vielzahl von künstlerisch, wissenschaftlich, politisch … tätigen Frauen aufmerksam.
Die Vitrinen gegenüber zeigen Schätze aus den Beständen der genannten Sammlungen und Archive: Die Johann Strauß Gasse im vierten Bezirk markiert etwa ein Foto der boxenden Bestsellerautorin Vicky Baum (geb. 1888). Für die Weimarer Straße in Wien IX liegt ein Tagebuch der Romanistin Elise Richter, aufgeschlagen am 12./13. März 1938, im Schaukasten. Briefe, Stammbücher, Ausweise, Plakate, Romane und wissenschaftliche Werke, Übersetzungen, Gemälde und Partituren symbolisieren Leben und Arbeit konkreter Frauen. Darüber hinaus verweisen sie als Stellvertreter auf das Tun von sämtlichen Frauen in der Stadt. Und ähnlich sollen wohl auch die zeitgenössischen „Wegebereiterinnen“ für alle Wienerinnen stehen. Dennoch ist ein bisschen schade, dass hier vor allem Wissenschaftlerinnen, Museumsdirektorinnen, Designerinnen, Filmemacherinnen etc. auf einem ihrer Wege begleitet wurden. Maria Musters Pfad durch die Stadt hätte interessiert, auch eine migrantische Topographie wäre spannend.
Zur Ausstellung „Stadt und Frauen“ ist ein schönes Buch gleichen Titels erschienen, das als Katalog fungiert und auch jene Frauengeschichte(n) enthält, die nicht gezeigt werden konnten. Die Sonderausstellung im Rathaus ist nicht so leicht zu finden – ein Leitsystem fehlt, als Hinweis müssen Plakate an den Haupteingängen des riesigen Komplex’ genügen – jedenfalls: die Suche nach dem Ausstellungs-Kabinett lohnt sich.
Nikola Langreiter