Tagung: Intersectionality – Theorien, Methoden, Empirien, 18.-20.6.2009, Wien

12. Arbeitstagung der Kommission für Frauen- und Geschlechterforschung der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde
Die Geschlechter- bzw. Frauenforschung hat seit den 1970er Jahren mit der Frage nach Erscheinungsformen, Konstruktionen und Politiken von Geschlecht für alle sozial- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen einen neuen Untersuchungsgegenstand sowie eine neue analytische Kategorie entwickelt. Allerdings meldeten sich zur Etablierung der Kategorie Geschlecht schon bald kritische Stimmen im angloamerikanischen Raum, vor allem ausgehend von den sozialen Bewegungen. Gewarnt wurde vor einer Homogenisierung – auf die Heterogenität, Komplexität und Relationalität der sozial-kulturellen Kategorie Geschlecht in Bezug auf andere Kategorien der Strukturierung und symbolischen Repräsentation wurde hingewiesen.
Unter dem Begriff der „Intersektionalität“ hat sich mittlerweile in der internationalen Geschlechterforschung eine Perspektive formiert, die insbesondere die Einsicht der Interdependenz der Kategorie Geschlecht zum Programm macht: Ein Gegenstand ist stets auf die Schnittpunkte, auf das je spezifische Verhältnis von Geschlecht, Klasse und Ethnizität (race) hin zu untersuchen. Diese drei Elemente können in einem hierarchischen Verhältnis zueinander stehen, eines kann das andere repräsentieren oder aber auch – etwa hinsichtlich einer Machtposition – durchkreuzen etc. Diese Sichtweise ist sowohl bei Untersuchungen relevant, die Geschlecht in institutionalisierter Form analysieren, als auch bei Arbeiten, die dekonstruktivistisch oder diskursanalytisch nach symbolischer Repräsentation und Konstruktion fragen.
Theorie und Programm einer Intersektionalität stehen intensiv in Diskussion – methodologische Fragen und Konzepte werden entwickelt; erste empirische Operationalisierungen und methodologische Vermessungen liegen vor. Eine Auseinandersetzung mit den Einwänden der blackness/whiteness studies wird eingefordert, ebenso wie mit jenen der disability studies, mit der Frage nach der Kategorie Alter und mit der Frage der queer studies nach der Ordnung des Begehrens, die mit bisherigen Konzepten von Geschlecht nicht adäquat zu fassen war. Die Konfrontation mit feministischen Perspektiven steht ebenso auf der Tagesordnung.
Die geplante Tagung soll Raum und Anregung für die Auseinandersetzung mit intersectionality bieten. Dabei legen wir besonderen Wert auf Beiträge, die auf Basis fundierter Analyse empirischen Materials inhaltliche oder methodologische Fragestellungen entwickeln und diese als Beitrag zum theoretischen Programm der intersectionality diskutieren.
Programm
Donnerstag, 18. Juni 2009
Ort: Marietta-Blau-Saal, Universitäts-Hauptgebäude, Dr. Karl-Lueger-Ring 1, 1010
Wien
19.00 Uhr Grußwort der Universität Wien
Vizerektorin Ao. Prof. Dr. Christa Schnabl
öffentlicher Abendvortrag
Encarnacion Gutiérrez Rodríguez, Manchester
Intersektionalität oder wie nicht über Rassismus sprechen – Von Rhetorik zu Kritik
Freitag, 19. Juni 2009
Ort: Institut für Europäische Ethnologie, Hanuschgasse 3, 1010 Wien
09.00 Uhr Moderation: Sabine Hess
Grußwort: Beate Binder, Berlin
Keynote
Gabriele Winker, Hamburg; Nina Degele, Freiburg i. Br.
Doing Intersectionality – intersektional analysieren. Vorschläge zu einer gesellschafts- und gendertheoretisch begründeten Methodologie
09.45 Uhr Kaffeepause
10.15 Uhr Schwerpunkt: methodische Herausforderungen
Moderation: Manuela Barth
Stefan Wellgraf, Berlin
Intersectionality als Herausforderung für die Ethnologie. Methodische Überlegungen am Beispiel einer Feldstudie zu Hauptschulabgängern in Berlin
Elisabeth Tuider, Münster
Intersektionalität und Biographieforschung. „Sitting at a crossroad“ methodisch einholen
Ulrike Lahn, Bremen; Sakine Subasi-Piltz, Frankfurt a. M.
Selbstreflexion als methodologischer und methodischer Zugang zu intersektionellen Perspektiven in Forschung und Lehre
12.30 Uhr Mittagspause
14.00 Uhr Schwerpunkt: Biographisches
Moderation: Nikola Langreiter
Meike Wolf, Mainz
Auch Alter ist ein Ordnungsmuster – Strukturzusammenhänge in der Konzeption medizinischer Risikozuschreibungen
Ute Karl, Hildesheim
„Nicht umsonst dauert die normale Erziehungszeit drei Jahre – nur in ganz begründeten Einzelfällen kann man mal davon Abstand nehmen …“. Geschlecht als interdependente Kategorie in Gesprächen im Job Center im Bereich der Unter-25-Jährigen
15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr Tanja Rietmann, Bern
Fallstudien zu sozialer Devianz aus intersektioneller Perspektive
Sarah Speck, Berlin
Mutterschaft interdependent? – Ressourcen und Selbstbilder von SOS-Kinderdorfmüttern
Ende ca. 17.30 Uhr
Samstag, 20. Juni 2009
Ort: Institut für Europäische Ethnologie, Hanuschgasse 3, 1010 Wien
09.00 Uhr Schwerpunkt Migration
Moderation: Sabine Hess
Stefanie Kron, Berlin
Intersektionalität oder borderland als Methode? Zur Analyse politischer Subjektivitäten in den Grenzräumen der Amerikas
Paul Scheibelhofer, Budapest
Intersektionalität, Männlichkeit und Migration. Wege zur Analyse eines komplizierten Verhältnisses
Christian Koller, Bangor
Weiblich, proletarisch, tschechisch: Der Wiener Textilarbeiterinnenstreik von 1893 revisited
11.30 Uhr Kaffeepause
12.00 Uhr Schwerpunkt: Theorie und Politik
Moderation: Elisabeth Timm
Janet Keim, Berlin
Zur Produktivität des Etceteras. Eine dekonstruktive Lektüre interdependenter/intersektionaler Ansätze
Isabell Lorey, Wien/Berlin
Kritik und Kategorie
13:00 Uhr Schlusskommentare
Gudrun-Axeli Knapp, Hannover
Michi Knecht, Berlin
Konzeption und Tagungsleitung:
Manuela Barth, Sabine Hess, Nikola Langreiter, Elisabeth Timm
Anmeldung:
Institut für Europäische Ethnologie, Frau Monika Breit, Hanuschgasse 3, 1010 Wien, Österreich, Fax 00 43 – 1 – 42 77 94 18, Email: intersectionality[at]univie.ac.at
Anmeldeschluss: 10. Juni 2009.
Tagungsgebühr:
Gesamte Tagung: 25,00 EUR, Tageskarte Samstag: 10,00 EUR, Tageskarte Freitag: 15,00 EUR.
Die Tagungsgebühr beinhaltet eine Tagungsmappe sowie Kaffeepausen und das Mittagsbuffet am Freitag, 19. Juni 2009. Studierende zahlen jeweils die Hälfte.
Bitte überweisen Sie die Tagungsgebühr mit der Angabe Ihres Namens auf das Konto der dgv-Kommission (Kontoinhaberin: Elisabeth Timm) bei der Ersten Bank, Wien:
Kontonummer: 282-637-06102
BLZ: 20111
Für Überweisungen aus dem Ausland:
IBAN: AT232011128263706102
BIC: GIBAATWW

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