Der junge Richard Pöhn (geb. 1892) aus Wien war im Frühsommer 1915 als Mannschaftssoldat der „k.u. k. Tiroler Kaiserjäger“ an der südlichen Ostfront stationiert. In den Postkarten an seine Mutter und die Geschwistern sind Lebensmittelsendungen an die Front sowie die stockende Briefverbindung ein wiederkehrendes Thema. Zudem berichtet er, je nach Adressatin und Adressat verschieden, direkt von den Anstrengungen der lange Fußmärsche und seiner Beteiligung an Kampfhandlungen „in Stellung“.
Richard Pöhn an seine Mutter Amalie Pöhn
22. / 5. 1915
Liebe Mama!
Ich habe heute Paket N 72. erhalten, vielen herzlichen Dank. Wir sind jetzt wieder in Stellung, bin auch froh das wir den größten Teil der Märsche hinter uns haben, von früh bis abens marschieren das war für mich das schwerste. Briefpost habe ich schon lange keine erhalten, seid 10./5. Das Addy [die Schwester des Schreibers] mir schreibt, das weis ich ja ich bekomme sie halt nicht, wie alle anderen. Sonst geht es mir gut bin gesund. Viele herzliche Grüße von deinem Sohn Richard
Grüße an alle
Richard Pöhn an seine Schester Adolfine Pöhn
23. / 5. 1915
Liebe Addy!
Verzeihe das ich dir so lange nicht geschrieben habe, denn ich war immer so furchtbar müde. War froh wenn ich Mama ein paar Zeilen geschrieben hatte. Wir haben jetzt ziemliche ruhe, haben uns einen Graben gebaut, das uns die Russischen Kugeln nicht treffen sie versuchten lings und rechts von uns durchzubrechen musten aber wieder mit blutigem Kopf abziehen. Zum erzählen wüste ich genug aber schreiben kann mann es nicht, hoffentlich habe ich das Glück euch lieben Wiederzusehen. Viele viele herzliche Grüße von deinem Bruder Richard
Handkuß an Mama, grüße Hans [den Bruder] und alle.
Briefpost habe ich schon 10 Tage keine von euch. Kannst dir denken wie mir ist.
Richard Pöhn an seinen Bruder Hans Pöhn
30. / 5. 1915
Lieber Hans!
Ich habe deine Karte von 14./V. und auch den letzten Brief erhalten, habe dir auch geschrieben von den letzten Gefechten von 1. Mai bis 10. Du wirst sie wohl schon erhalten haben, jetzt kann ich dir nichts neues mitteilen den auf unserer Front herscht ruhe nur die Atillerie schießt beiderseits. Ich bin schon gans vertrossen den kein Kolege ist mir geblieben sofiel ich hatte alle verwundet von manche weis ich überhaubt nichts. Ich bin gesund. Viele herzliche Grüße
Vielleicht kommen wir nach Italien.
Sammlung Frauennachlässe NL 20
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Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 44, Briefe von Richard Pöhn, Datum , SFN NL 20, unter: URL