Vortrag: Karen Hagemann: Umstrittenes Gedächtnis. Die Antinapoleonischen Kriege und ihre deutsche Erinnerung, 1806-2013, 20.04.2016, Wien

Cover-von-Karen-Hagemann-Revisiting-Prussias-Wars-against-NapoleonVortrag im Rahmen der Reihe „Geschichte am Mittwoch“ des Instituts für Geschichte; Organisation und Planung: Petra Svatek (Web)Semester-Programm als PDF
Ort: Universität Wien, Hörsaal 45, 2. Stock, Stiege 8, 1010 Wien
Zeit: Mi., 20.04.2016, 18.30 s.t.-20.00 Uhr
Im Jahr 2013 wurde im deutschen Sprachraum das 200jährige Jubiläum der “Befreiungskriege” von 1813-1815 gefeiert, die der Höhe- und Endpunkt des alliierten Kampfes gegen Napoleon waren. Die Zeit der Anti-Napoleonischen Kriege besetzte lange eine Schlüsselposition in der deutschen Geschichtsschreibung und der nationalen Erinnerungskultur.
Das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren hat das kollektive Gedächtnis an diese Kriege geformt. Zu diesen gehörte neben der zeitgenössischen Erfahrung und Wahrnehmung (die sich durch erhebliche regionale und soziale Unterschiede auszeichnete und bereits heftig umkämpft war), die sich wandelnde politische Kultur, die Ausbildung der akademischen Geschichtswissenschaft und ihr Anspruch auf historische Deutungshoheit, der Einfluss des expandierenden Literaturmarktes sowie ein wachsendes breites Interesse des Lesepublikums an (Zeit)geschichte, das durch verschiedene Medien bedient wurde. Darüberhinaus wurden die umstrittenen Erinnerungen durch Differenzkonstruktionen wie Geschlecht, Klasse, Ethnizität, Konfession und Region geprägt. Während im kommunikativen Gedächtnis die zeitgenössische Wahrnehmung noch stark die Erinnerung mitbestimme, löste sich diese im kulturellen Gedächtnis mehr und mehr von den Ereignissen. Der Vortrag untersucht den Prozess der umkämpften Erinnerungskonstruktion im deutschen Sprachraum bis zum Ersten Weltkrieg exemplarisch an einem Schlüsselereignis der „Befreiungskriege“, der Leipziger Völkerschlacht von Oktober 1813, und fragt, wie konkurrierende Diskurse und kulturelle Praktiken die Wahrnehmung und kollektive Erinnerung beeinflussten; wie sich diese Erinnerungen mit der Zeit veränderten; und welche Faktoren diese Veränderungen formten.
Der Vortrag findet statt mit finanzieller Unterstützung der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien.
Karen Hagemann ist James G. Kenan Distinguished Professor of History an der University of North Carolina, Chapel Hill. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Moderne Deutsche, Europäische und Transatlantische Geschichte und die Geschlechtergeschichte. Zu ihren jüngsten Publikationen gehören: War, Demobilization and Memory: The Legacy of War in the Era of Atlantic Revolutions (mit Alan Forrest und Michael Rowe, 2016); Revisiting Prussia’s Wars Against Napoleon: History, Memory and Culture (2015); War Memories: The Revolutionary and Napoleonic Wars in Modern European Culture (mit Alan Forrest und Etienne François, 2012): Gender, War, and Politics: Transatlantic Perspectives, 1775-1830 (mit Gisela Mettele und Jane Rendall, 2010); Gegenwärtig bereitet sie als Hauptherausgeberin das Oxford Handbook zu Gender, War and the Western World since 1600 vor, das 2017 von Oxford University Press publiziert werden wird.
Weitere Vorträge der Reihe Geschichte am Mittwoch mit u.a. frauen- und geschlechterhistorischem Fokus:

  • 8. Juni 2016: Christoph Treiblmayr: Die „Menschenrechtsstadt Wien“ am Beispiel der Frühphase der österreichischen Homosexuellenbewegungen (1894–1971)
  • 15. Juni 2016: Ellinor Forster: Im Land der Grenzsäulen I bis CXXXVIII. Konfliktverdichtung im neu geschaffenen schlesischen Grenzraum 1742–1840
  • 22. Juni 2016: Veronika Helfert: „Mütter, ihr wisst, wo ihr stehen werdet!“ Frauen in der Österreichischen Revolution