CfP: Zwischen Emotion und Kalkül. ‚Heimat‘ als Argument im Prozess der Moderne, 27.-28.03.2008, Dresden

Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V./Dresden

Datum:27. -28.03.2008,
Ort:Dresden
Einreichfrist: 30.09.2007

Lokalität und Regionalbezüge sind gerade angesichts wachsender soziökonomischer Entgrenzungstendenzen und flexibilisierender Lebenswelten in der Gegenwart kulturwissenschaftlich neu zu reflektierende Größen geworden. In diesem Zusammenhang hat die Annahme deutlicher Raumgebundenheit von Kultur an Geltung verloren. Damit stellt sich jedoch die Frage neu, welcher Stellenwert der Ortsbezogenheit in der Moderne zukommt und wie diese hergestellt wird. Der konkrete Ort als identitätsstiftender Raum gibt sich dabei als Produkt sozialer Praxis und symbolischer Zuschreibungen zu erkennen. Und er verliert offensichtlich nicht an Relevanz. Die Muster raumbezogener Beheimatung, die sich in Reaktion auf die Zumutungen der Moderne herausgebildet haben, unterliegen freilich einem deutlichen Wandel.

Der Konstruktionscharakter von Regionalbezügen offenbart sich gerade am Begriff „Heimat“ und seinen emotionalen, gesellschaftlich-politischen und ideologischen Aufladungen.
Äußerer Anstoß für die projektierte Tagung ist die Gründung des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz vor einhundert Jahren (1908). Dieses Jubiläum bietet Anlass, über die historische Entwicklung und zeitspezifischen Bedingungen von Konstrukten regionaler Identität zu reflektieren sowie die aktuellen Prozesse räumlicher Orientierung im Spannungsfeld gesellschaftlicher Zuweisungen und subjektiver Aneignungen in den Blick zu nehmen. Der spezifischen Situation in Sachsen bzw. in den neuen Bundesländern sowie in den ostmitteleuropäischen Staaten aufgrund der Herausforderungen des Transformationsprozesses soll dabei ein besonderes Augenmerk gelten.

Zur Orientierung für Themenvorschläge wird auf folgende Aspekte hingewiesen:
• Historische Entwicklungsprozesse der Heimatbewegung und ihre Hintergründe in konkreten Fallbeispielen
• Erscheinungsformen regionaler Identität zwischen Heimatschutz und Identitätssuche in der Spätmoderne
• Neue Formen der Raum-Aneignung im Spannungsfeld physischer Inbesitznahme und eigensinniger Deutungspraktiken
• Lokalität als Orientierungsstrategie in der modernen Unübersichtlichkeit
• Politisch motivierte und instrumentalisierte Raumbezüge sowie inszenierte Heimatdiskurse
• Problematisierter Raumbezug und pessimistisches Heimatverständnis: die Sorge um die Gefährdung bzw. Auflösung ökologischer, kultureller und sozialer Grundlagen
• Neue lebensweltliche Praktiken und mentale Konzepte räumlicher Bindung angesichts von Mobilität und beruflicher Prekarität
• Die ästhetische Inszenierung von Raum über Siedlungs- und Landschaftsgestaltung, über milieuspezifische Überformungen (z.B. jugend- und subkulturelle Applikationen im Stadtraum), über mediale Repräsentation (Bild, Film, aber auch Soundkulissen, Geruchs- und Geschmackserlebnisse etc.), über Produkte „der „Heimatkultur“
• Soziale Differenzierungen, milieuspezifische und gruppenspezifische Auseinandersetzungsweisen mit der Kategorie Raum im Allgemeinen bzw. mit „Heimat“ im Besonderen

Es ist angestrebt, über den skizzierten breiten Umgriff (historische Befunde; gegenwärtige Erscheinungen; Diskursfeld Heimat, Raumwahrnehmung und Raumbezüge allgemein) neue Perspektiven zu eröffnen und etablierte Ansätze zu Heimatbewusstsein und regionaler Identität mit der aktuellen Ethnografie der Ortsbezogenheit in Diskussion zu bringen.

Ein interdisziplinärer Austausch ist durchaus erwünscht. Entsprechend sind Interessenten aus den Geschichtswissenschaften, der Soziologie, der Psychologie u.a. zur Mitwirkung eingeladen. Studierende mit thematisch einschlägigen Abschlussarbeiten werden ausdrücklich aufgefordert, sich zu bewerben.

Themenvorschläge (Abstract von maximal 1 Seite, neben einer inhaltlichen Skizzierung sowie Ausführungen zum methodischen Zugriff und der Quellenbasis sind Angaben zur Person und zum wissenschaftlichen Profil erbeten) richten Sie bitte bis zum 30. September 2007 an den Bereich Volkskunde am Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V., Zellescher Weg 17, 01069 Dresden, E-Mail: ISGV [at]mailbox.tu-dresden.de

URL des Beitrages: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=7725

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