Vortrag im Rahmen der Reihe Geschichte am Mittwoch (PDF)
Zeit: 09.10.2019, 18.30–20.00 Uhr
Ort: Universität Wien, Institut für Geschichte, Universitätsring 1, Hörsaal 30
Um 1900 unternahm der Wiener Geograph Albrecht Penck mit seinen Studenten wiederholt Exkursionen in die seit 1878 von Österreich-Ungarn besetzten Gebiete in Bosnien und der Herzegowina. Die dort durchgeführten Reisen dienten vorrangig dem Beobachtungstraining des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie der Erforschung von Erdoberflächenformen, insbesondere der Entstehung und Verbreitung des Eiszeit- und Karstphänomens. Karte, Notizbuch und Fotoapparat gehörten zu den ständigen Begleitern auf den mehrwöchigen Exkursionen. Mit ihnen dokumentierten die Geographen nicht nur die physischen Besonderheiten, sondern auch die für sie fremdartig wirkende Kulturlandschaft, deren Menschen sowie ihren eigenen Reisealltag.
Die kürzlich in den Sammlungen des Geographischen Instituts der HU zu Berlin wiederentdeckten Fotoalben mit ihren kommentierten Aufnahmen geben einen seltenen Einblick in die Blicktechniken und den Alltag der Geographen. Anhand der Aufnahmen werden im Vortrag die Praktiken der geographischen Beobachtung sowie die ihnen zugrundeliegenden Wissensordnungen in ihrem historischen Kontext näher beleuchtet. Zugleich soll gezeigt werden, wie Landschaften und Menschen zu Projektionsflächen für gesellschaftliche, politische und kulturell vorgeprägte Erwartungen, Ambitionen und Vorurteile wurden – aber auch zu einem Generator für Unerwartetes.
- Moderation: Johannes Mattes
Norman Henniges, Wissenschaftshistoriker, promovierter Geograph und Lehrer. 2000 bis 2005 Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Mittelalterlichen Geschichte und Geographie an der HU zu Berlin und am University College London. 2013 Promotion im Fachbereich Geographie an der HU. Tätigkeiten als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Leipzig, Erfurt und Jena sowie Lehrtätigkeit an Schulen in Brandenburg. Seit 2017 Sprecher des Arbeitskreises Geschichte der Geographie.