gendup, Universität Salzburg
Zeit: Donnerstag, 8. März 2007, 13.00 Uhr
Ort: Universität Salzburg, SR 203, 2. Stock, gendup, Kaigasse 17
Die Sammlung Frauennachlässe entstand zu Beginn der 1990er-Jahre aus der Erfahrung heraus, dass historische Dokumente zum Alltag von Frauen, zu ihrem Nachdenken und ihrer Identitätsbildung, kaum zugänglich sind. Der Kreis derjenigen Frauen, die im Laufe ihres Lebens ein Tagebuch führten, die umfangreiche Briefwechsel pflegten, in Haushaltsbücher einschrieben oder Fotoalben anlegten, ist weitaus größer, als von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern häufig angenommen. Schreiben als kulturelle Praxis charakterisierte nicht nur das Leben bürgerlich-städtischer Oberschichten, was für Kriegs- und Krisenzeiten in besonderem Maße zutrifft.
Gleichzeitig galten diese Selbstzeugnisse lange Zeit nicht als überlieferungswürdig. Die Fokussierung „großer Ereignisse“ innerhalb der Geschichtsschreibung prägte auch den Maßstab dafür, welchen Quellen historischer Wert beigemessen wurde – und wlechen eben nicht. Das, was Frauen im Allgemeinen – und auch Männer aus den mittleren und unteren Gesellschaftsschichen – geschrieben haben, fand auf diese Weise auch kaum den Weg in ein Archiv.
In der Sammlung Frauennachlässe werden Dokumente von Frauen, aber auch ihrer Verwandten, ihrer Kinder sowie von Freundinnen und Freunden, archiviert und der wissenschaftlichen Nutzung zugänglich gemacht. Den Schreiberinnen wird damit Geschichtlichkeit zugestanden, das Archiv wird zu einer Art „gegenläufiger Gedächtnisspeicher“.
Im Vortrag werden verschiedene Quellenbeispiele aus den aktuell rund 90 Nachlässen der Sammlung Frauennachlässe vorgestellt. Anahnd der Dokumente sollen Überlegungen zu unterschiedlichen Schreibanlässen und Schreibsituationen von Selbstzeugnissen sowie den damit verknüpften jeweiligen Erinnerungspraxen angestellt und diskutiert werden.
Im Anschluss läd das gendup zu einem Info-Umtrunk in der gendup-Bibliothek, Kaigasse 17, 1. Stock
Die Vortragende, Mag.a Li Gerhalter ist Historikerin und an der Universität Wien, Sammlung Frauennachlässe tätig.
Website: https://www.univie.ac.at/geschichte/sfn