Referat Genderforschung der Univ. Wien – RGF: Ringvorlesung „Kulturelle Pluralität in Feminismus sichtbar machen“, WiSe 2023/24 (Web)
Zeit: 09.01.2024, 18.30 Uhr
Ort: Universität Wien und virtueller Raum
Bedingt durch die historisch nachwirkende Situation globaler Ungleichheit, haben Schwarze Theoretikerinnen schon früh begonnen sich mit Konzepten der Sorge auseinanderzusetzen (Davis 1972, Hartman 1997). Wie Angela Davis und Saidiya Hartman, haben sie drauf verwiesen, dass Sorgeverhältnisse und Care gerade im Überleben in der Plantage ein wichtiger Faktor war. Sich verwandtschaftsunabhängig um einander zu sorgen gehörte für viele Menschen dazu, um die unberechenbare Eigenwilligkeit der Besitzer physisch und psychisch zu überleben. Nicht nur die Erfahrungen der Plantage, sondern auch der Kolonialismus als weltverändernde und prägende Zeit, beeinflussen Konzeptionen der Sorge Schwarzer, afrikanischer und afrodiasporischer Theoretikerinnen. Die Konzeptionen sind sehr häufig von transnationalen und verbindenden Elementen geprägt, wie die afrikanische Philosophie Ubuntu (Hill Collins 1992/2005) und sie fragen nach Vermittlungsebenen des Umgangs gegen eine Dehumanisierung (Wynter 2015) und diskutieren vermehrt, wie Sorge und Liebe aussehen kann jenseits der Frage um Identität und intersektionalen Kategorisierungen (Nash 2013).
Denise Bergold-Caldwell hat Erzieherin gelernt und in der (feministischen) Mädchenarbeit gearbeitet. Sie studierte Erziehungswissenschaft, Psychologie, Friedens- und Konfliktforschung an der Philipps-Univ. Marburg (Deutschland). 2011 trat sie eine Doktorand:innen Stelle am Lehrstuhl für Sozialpädagogik an und promovierte mit einem Themenschwerpunkt zu Bildungs- und Subjektivierungstheoretischen Fragen am Kreuzungspunkt von Geschlecht und race. Die Dissertation erschien 2020 unter dem Titel: „Schwarze Weiblich*keiten. Intersektionale Perspektiven auf Bildungs- und Subjektivierungssprozesse“. Seit 2022 ist sie Universitätsassistentin (Post-Doc) am Center Interdisziplinäre Geschlechterforschung der Univ. Innsbruck.
Semesterprogramm
- 24.10.2023: Magdalena Kraus: Feministische Perspektiven aus Lateinamerika
- 07.11.2023: Liselotte Abid: Islamischer Feminismus: Die Quadratur des Kreises?
- 21.11.2023: Martina Kopf: Wangari Maathai und ökofeministisches Denken in Kenia
- 09.01.2024: Denise Berghold-Caldwell: Sorge und Care als schwarzfeministische Konzepte des (Über-)Lebens
- 23.01.2024: Oyèrónkẹ́ Oyěwùmí: Who is Not Afraid of Gender?
Alle Vorträge werden online übertragen, zum Zusehen ist eine Anmeldung über die Website des RGF erforderlich (Web)
Abstracts (Web)
Ein langjähriger Streitpunkt zwischen Feminist*innen des sogenannten globalen Südens und europäischen/westlichen Feministinnen war die Tatsache, dass der westliche Feminismus die reiche Geschichte von Frauen in Afrika, Asien, Lateinamerika und dem Pazifik, die in die Vergangenheit zurückreicht, ignoriert hat. In ähnlicher Weise wird die Pluralität von Feminismen auf der ganzen Welt kaum anerkannt. Folglich sind die kulturell und historisch reichen afrikanischen, arabischen, karibischen, lateinamerikanischen, asiatisch-pazifischen und andere Feminismen in europäischen Gender-Lehrplänen immer noch unterrepräsentiert. Zudem haben viele dieser nicht-westlichen Feminismen starke kulturelle und sozio-politische Traditionen, die sie definieren und voneinander unterscheiden.
Die Ringvorlesung konzentriert sich auf die Präsenz von Feminismen in Afrika und einigen nichteuropäischen/nichtwestlichen Regionen in den Gender Studies. Somit zielt sie auf ein “feminist reimagining of communality affiliations and cultural practices, articulated not in isolation but rather in relations. It does not exalt one political concern (feminism) over another (multiculturalism); rather, it highlights and reinforces the mutual embeddedness between the two. (Shohat, 2001: 1). Wie Shohat weiter postulierte, “multicultural feminism takes as its starting point the cultural consequences of worldwide movements and dislocations of people associated with the development of ‘global’ or ‘transnational’ capitalism.” (Shohat 2001:1). Tatsächlich bringen diese Bewegungen auch eine neue Dynamik in die Entwicklung von Feminismen in jenen Teilen der Welt, die auf den kulturellen Traditionen der Menschen aufbauen. Zudem ist zu beachten, dass “like national borders, disciplinary borders too are out of synch with such transnational movements. The relational feminist approach demands moving beyond nation-bond and discipline bond teaching, curating and organizing. (Shohat 2001:1). Die Ringvorlesung nimmt Shohats Vorschlag auf, die wechselseitige Einbettung von Feminismus und kultureller Pluralität als zwei gleichberechtigten Anliegen hervorzuheben und zu stärken.
Alle Vorträge sind öffentlich zugängich und werden auch online übertragen. Für die virtuelle Teilnahme ist eine Anmeldung über die Website des RGF erforderlich (Web)
Quelle: FEMALE-L@jku.at