4. Jahrestagung des Arbeitskreises Sexualitäten in der Geschichte (Web)
Zeit: 21.-22.04.2023
Ort: International Psychoanalytic University (IPU) Berlin
Einreichfrist: 02.01.2023
2023 jährt sich die bundesrepublikanische Große Strafrechtsreform zum fünfzigsten Mal, die Teil gewichtiger gesellschaftlicher Verschiebungen im Bereich Sexualität war. So wurde 1973 der bereits 1969 reformierte „Kuppelei“-Paragraf, der die „Förderung und Tolerierung außerehelichen Geschlechtsverkehrs“ sanktionierte, abgeschafft, die Homosexualität unter Erwachsenen weitgehend legalisiert sowie die Verbreitung von Pornografie überwiegend entkriminalisiert. Das Strafgesetz schützte fortan explizit die sexuelle Selbstbestimmung der Einzelnen und verfolgte nicht mehr eine sogenannte „Unsittlichkeit“ von Taten. Sexuelle Praktiken sollten in erster Linie dann strafbar sein, wenn sie ein Rechtsgut gefährdeten oder verletzten – dies betraf u.a. die umstrittene Verschiebung der Schultzaltersgrenze. Die Reform war ein Ergebnis jahrelanger Debatten, in denen Juristen:innen, Psycholog:innen, Mediziner:innen und Aktivist:innen seit den 1960er-Jahren vor allem eine Liberalisierung des Sexualstrafrechts gefordert hatten.
Das Verbot von mann-männlichen sexuellen Handlungen mit der Reform 1973 fand zwar ein vorläufiges Ende, allerdings auch nur eingeschränkt: Denn Sexualität zwischen Erwachsenen und Minderjährigen (unter 18 Jahren) blieb verboten, während das Schutzalter bei heterosexuellen Handlungen weiterhin bei 14 Jahren lag. Hier zeigt sich z.B. deutlich eine Traditionslinie homosexuellenfeindlicher Diskurse, in denen die Vorstellung des Jungen/Jugendlichen vorherrschte, der durch den erwachsenen Homosexuellen „verführt“ und damit ein Leben lang sexuell geprägt werde. Gleichwohl ermöglichte die Reform eine neue Sichtbarkeit unterschiedlicher Sexualitäten sowie neue Formen der Selbstorganisierung. Weiterlesen und Quelle … (Web)