Anna H. (geb. 1903), die Tochter einer gutsituierten Grazer Wirtsfamilie, hatte im Oktober 1916 damit begonnen, Aufzeichnungen über die aktuellen (Kriegs-)Ereignisse zu führen. Im Mai 1917 konzentrierten sich ihre detailliert Darstellungen auf die 10. Isonzoschlacht. Ein zentrales Thema war weiters die Frage, ob ihr Vater in den Kriegseinsatz eingezogen werden würde. Aus den folgenden Einträgen geht hervor, dass die zunehmend angespannte Ernährungslage im Umfeld der 13jährigen ein großes Thema war, die dabei u.a. ein ‚Kriegsrezept‘ festhielt.
21. Mai.
Nach einer halbjährigen, so großen Vorbereitung setzten die Italiener zum Kampfe ein. Am 12. Mai begann d. 10. Isonzoschlacht. [Fluss in Italien/Slowenien] Was aber hat unsere Heeresleitung gegenüber dem getan? Alles wurde vorbereitet. Obwohl heute der neunte Tag der so schrecklichen Schlacht ist, errangen d. Italiener keinen Erfolg. Am Nordflüger der zwischen Görz [Gorizia, Stadt im Nordosten Italiens] und Tolmein [Tolmin, Stadt in Westslowenien] stehenden Truppen zwang die zusammengefaßte Wirkung unserer Geschütze den bei Auzza [Avce, Stadt in Westslowenien] steh am linken Flußufer stehenden Feind, über den Isonzo zurückzuweichen. Gestern Nachmittag schritt der Feind bei Vodike [Vodice, Stadt an der kroatischen Küste] abermals zu einen Angriff. Es kam zu wütenden Kämpfen, aus denen schließlich doch unsere tapfere Truppen als Sieger hervorgingen. D. Feind wurde unter schweren Verlusten die Höhen hinabgeworfen. Auch östlich von Görz erging es dem Feind in gleicher Weise. Am Karste [Karstlandschaft in Slowenen, Kroatien und Italien] wurden 3 Offiziere und 30 Mann gefangenommen.
22. Mai.
Heute hätte der Vater zur Musterung [Überprüfung der Eignung für den Wehrdienst] kommen sollen. Aber die Proviantur [für die Lebensmittelversorgung zuständige Stelle] wurde für morgen zur Musterung gegeben. Jetzt hat d. Vater C-Befund [niedriger Tauglichkeitsgrad] – zum Dienst ohne Waffe geeignet. Jetzt bekommt er vielleicht A- od. B-Befund. Bekommt unser geliebter Vater A-Befund so kann er schon in 3 Wochen im Felde stehen. Ich habe jeden Tag gebetet, um d vom lieben Heiland zu erbitten, daß er den Vater nicht ins Feld kommen läßt, oder wenigstens in dann wieder gesund heimführt. Manche hl. Komunion hatte ich zu diesem Zwecke aufgeopfert. Also morgen um ½ 8 ist die Musterung. Gebe Gott, daß Continue reading →