Vortrag – Hagen Schaub: Blutspuren. Die Geschichte der Vampire, 30.10.2008, Wien

Ort: Lesesaal Josephinum, Währinger Straße 25, 1090 Wien
Zeit: 30. Oktober 2008, 18.00 c.t.
Jenseits der Diskussion zur etymologischen Herkunft des Vampirs und seiner unterschiedlichen Bezeichnungen steht die Wissenschaft im Grunde noch immer vor der Frage, wie die überlieferten Berichte über angebliche Vampirvorfälle zu bewerten sind.
Auch wenn es inzwischen zahlreiche wissenschaftliche Ansätze zu dieser Frage gibt, die von eher wenig wahrscheinlichen Überlegungen wie Porphyrie- oder Tollwutepidemien bis hin zu durchaus plausiblen Ansätzen wie einer Milzbrandseuche oder dem Wirken des Mutterkorns reichen, bleibt doch noch immer ein wesentlicher Teil der überlieferten Berichte außer Ansatz: Wie konnte es sein, dass Zeugen immer den gleichen unter Vampirverdacht stehenden „Untoten“ gesehen haben und warum hörte das unerklärliche Sterben mehrerer Menschen als Opfer des Vampirs plötzlich wieder auf, da man den verdächtigen Vampir exhumierte und mittels Pfählung undoder Verbrennen unschädlich gemacht hatte?
Die Beantwortung dieser Frage ist letztlich auf Mutmaßungen angewiesen, aber es gibt durchaus Ansätze, die zeigen, dass man bei der Interpretation der historischen Berichte nicht unbedingt alles so verstehen muss, wie es die Aktenberichte und Zeugenaussagen nahe legen. Schon die Frage, was die Menschen unter einem gut erhaltenen Vampirleichnam verstanden, zeigt, dass hier nicht unbedingt rationales Wissen anzuwenden ist. Einige wenige Quellen sowie Ausflüge in die Mentalitätsgeschichte legen nämlich den nicht unbegründeten Verdacht nahe, dass diesbezügliche Berichte nicht immer das wiedergeben, was wirklich vorgefunden wurde.
Auch die Bedeutung der Aktenberichte über Vampirvorkommen im Bereich der österreichischen Militärgrenze von 1725 und 1732 ist eigentlich nicht klar und man sollte sich hüten, diesbezüglich wirklich von einer Epidemie zu sprechen, die ganz Europa in Atem hielt. Zumal auch die daraus resultierende sogenannte Vampirismusdebatte möglicherweise gar keine so große Rolle spielte, wie es die durchaus zahlreicheren Werke vermuten lassen.
War der Vampir daher gar nicht so bedeutend, wie es seine aktuelle Präsenz im Horrorgenre nahe legt? Ein Vergleich mit der gut dokumentierten Hexenverfolgung, aber auch mit anderen Prozessen zu abergläubigen Vorstellungen legt diesen Verdacht nahe. Und inwieweit die These, dass die Vampire letztlich zum Verschwinden der Hexenverfolgung beigetragen haben, noch aufrechtzuerhalten ist, ist zumindest hinterfragbar.
Ein kleiner Ausflug in die Kunstgeschichte soll die Thematik abschließen. Hierbei soll die Frage diskutiert werden, warum der Vampir — im Gegensatz zur Hexe — in der darstellenden Kunst des 17. oder 18. Jahrhunderts, also zum Zeitpunkt seiner größten Popularität, offenbar keinen Niederschlag fand. Hatte das etwas mit seiner im Grunde geringen Bedeutung zu tun oder kann man dafür einen anderen plausiblen Grund finden?
Mag. Hagen Schaub, studierte mittlere und neuere Geschichte sowie neuere deutsche Literaturwissenschaft und Geographie in Marburg a.d. Lahn, Wien und Gießen. Schon während seiner Studienzeit befasste er sich schwerpunktmäßig mit den Themen Randgruppen, Aberglauben und Horror. Vor einigen Jahren publizierte er ein Buch über Mumien in Österreich. Hagen Schaub ist in einem Wiener Buchverlag tätig.
Kontakt:
Univ. – Doz. Mag.Dr.phil. Dr.med. Sonia Horn
Leiterin der Sammlungen der Medizinischen Universität Wien
Währinger Strasse 25 A – 1090 Wien
Tel.: 0043 1 40160 26009
Email:sammlungen#meduniwien.ac.at
aus: http://www.h-net.org/~habsweb

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