Christine Künzel und Manuel Bolz, Institut für Germanistik an der Univ. Hamburg
Zeit: 10.-12.03.2022
Ort: Hamburg
Einreichfrist: 31.08.2021
Forschungen zu sexualisierter Gewalt sowie zu geschlechtsspezifischen Diskriminierungserfahrungen sind seit der #MeToo-Debatte verstärkt in das öffentliche Interesse gerückt. Die Veranstalter:innen möchten in einem interdisziplinären Workshop an diese Diskussionen anknüpfen und sie um einen Aspekt ergänzen, und zwar um das Phänomen „Rape and Revenge“.
Die aus den feministischen Filmwissenschaften stammende Formel „Rape and Revenge“ (deutsch: „Vergewaltigung und Rache“) versucht verschiedene faktische und fiktionale Ereignisse fassbar und analysierbar zu machen: Zum einen bezeichnet sie Formen der Selbstjustiz, eine spezifische soziale Handlung, in denen Opfer sexualisierter Gewalt Rache an ihren:seinen Vergewaltiger:innen ausüben oder aber sich Partner:innen, Familienmitglieder oder Freund:innen (stellvertretend) an den Vergewaltiger:innen rächen.
In diesen Rachezyklen geht es meist um eine symmetrische Vergeltung auf der Basis eines reziproken Äquivalenzprinzips. Das Konzept der Rache kann aber auch als Ausdruck der Kritik an einer unbefriedigenden Sanktionierungspraxis in geltenden Rechtsystemen dienen (Stichwort: Rape Culture). Zugleich lässt sich in imaginierten Racheszenarien auch eine Coping-Strategie im Umgang mit traumatisierenden Gewalterfahrungen erkennen. Damit wird nicht nur ein (geschlechts-)spezifisches Verantwortungs- und Rechtsbewusstsein sichtbar, sondern zugleich treten Geschlechtervorstellungen und -ordnungen sowie Vorstellungen von Sexualitäten auf kondensierte Art und Weise in den Fokus.
Rache im Anschluss an eine erlittene Vergewaltigung ist ein Thema, das seit der Antike in verschiedenen Diskursen kursiert, zunächst insbesondere in der Literatur. Eine Schlüsselfigur ist in diesem Kontext die Figur der Philomela, die von ihrem Schwager vergewaltigt, zudem ihrer Zunge beraubt wird und später gemeinsam mit ihrer Schwester Rache nimmt. Dieser Topos setzt sich beispielsweise fort in Shakespeares Drama „Titus Andronicus“ (1594), der die Rachespirale weiter auf die Spitze treibt. Weiterlesen und Quelle … (Web)