Nina Gallion und Florian Kehm (Univ. Mainz), Christian Hoffarth (Univ. Kiel) (Web)
Zeit: 30.03.-01.04.2023
Ort: Landesmuseum Mainz und virtueller Raum
Anmeldung bis: 15.03.2023
Programm (PDF)
Vormoderne Zeugnisse, die Kontakte einander fremder Kulturen schildern, bieten große Interpretationsspielräume und können daher nicht ohne weitere Prüfung beim Wort genommen werden. Diese Einsicht ist in der geschichts-, literatur- und kulturwissenschaftlichen Forschung seit Langem etabliert. Unter dem Einfluss konstruktivistischer und postkolonialistischer Anschauungen hat man mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Reisetexten aber sogar bisweilen eine Aussagekraft hinsichtlich der Räume, Kulturen und Menschen, von denen sie zu künden vorgeben, beinahe völlig abgesprochen. Dementsprechend hat es sich durchgesetzt, vormoderne Reiseberichte und Länderbeschreibungen in erster Linie nicht als Quellen für das in ihnen Beschriebene, sondern vielmehr für die epistemologischen und ideologischen Zustände ihrer Herkunftskulturen zu lesen. Das ‚Andere‘ erscheint durch diese Linse ganz hauptsächlich als Konstruktion zur Abgrenzung und Identifikation des ‚Eigenen‘. Als vorrangige Aufgabe der Forschung gilt demnach die Analyse der Mechanismen, mittels derer das ‚Eigene‘ und das ‚Andere‘ in den Texten konstruiert werden.
So berechtigt dieser Ansatz in einigen Fällen erscheinen mag, hat er doch auch die Konsequenz, dass die Erfahrungen und Beobachtungen, mithin das tatsächliche Erleben gereister Individuen weit in den Hintergrund gerückt sind. Dies betrifft vor allem Felder, an denen sich die kulturwissenschaftliche Dekonstruktion stets mit besonderem Nachdruck abgearbeitet hat. Körper, Geschlecht und Materialität nehmen in Reiseberichten und (proto-)ethnographischen Darstellungen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit … weiterlesen und Quelle (Web).