Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung; Christoph Nonn und Hedwig Richter
Zeit: 22.-23.03.2023
Ort: Berlin
Im letzten Drittel des 19. Jhds. setzte in westlichen Gesellschaften eine Politisierung der breiten Bevölkerung ein: Parlamente wurden geschaffen oder bekamen mehr Kompetenzen, das Wahlrecht weitete sich vielfach zu einem allgemeinen Männerwahlrecht, die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht schuf mit der Lesefähigkeit der breiten Bevölkerung die entscheidende Voraussetzung für die Entstehung der Massenpresse und die Zensur wurde gelockert, Massenverbände, Massenparteien und zivilgesellschaftliche Strukturen entwickelten sich. Erste sozialstaatliche Interventionen, die wesentlich die Inklusion unterer Schichten ermöglichten, begannen in dieser Zeit. Die weltweit entstehenden Frauenbewegungen nutzten die neue Öffentlichkeit, ihr Protest wurde hörbar und rief aggressiven Widerstand hervor. In einem widerspruchsvollen Prozess voller Ab- und Einbrüche etablierten sich bis 1970 im nordatlantischen Raum liberale Demokratien.
Diese Tagung will die Entwicklungen aus der Perspektive der Bevölkerung verfolgen, also der „Massen“, wie man sie seit dem ausgehenden 19. Jhd. oft nannte, die in dieser Zeit zum Subjekt wurden: Gegenstand von Analysen, Utopien und Schreckensszenarien, aber auch Akteur:innen mit politischer Macht. Was bedeutete die Massenpolitisierung und Demokratisierung konkret für die Bürger:innen? Wie verstanden sie ihre Rechte, wie interpretierten sie ihr Verhältnis zum Staat, wie deuteten sie politische Partizipation und Demokratie? Welche Rolle spielten Religion und Identitätszuschreibungen wie Geschlecht, Klasse und Rasse? Zu welchen Exklusionen führten staatsbürgerliche Integrationsprozesse? Inwiefern entsprachen sich Massenpolitisierung und Nationalisierung? Weiterlesen und Quelle … (Web)