Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik (Web)
Zeit: 25.-27.09.2024
Ort: Lüneburg
Vorträge mit frauen- und geschlechterhistorischen Zugängen (Auswahl):
- Dietlind Hüchtker: (Un-)Sichtbarkeiten und Legitimierungen. Erfahrung und Wissensgenerierung in feministischen Diskursen der 1970er und 1980er Jahre
- Dana Mahr: Challenges in Studying Feminist and Environmental Activism: Navigating calls for Co-Creation in the Horizon Europe program
- Bettina Sophia Wagner: Die universelle Schwangerschaft? Blinde Flecken im Frauengesundheitsaktivismus ab den 1970er Jahren
- Martina Schlünder: „Erst die Kuh, dann du!“ Zur Geschichte des feministischen Widerstands und Aktivismus gegen Reproduktionstechnologien in der Bundesrepublik der 1980er Jahren
- Lisa Malich und Kerstin Palm: Die diverse Psyche in Therapie – Geschlechterwissen zwischen Aktivismus und Wissenschaft
- Sybilla Nikolow: Wer das Elend von 1914-1918 nicht persönlich erlebt hat, kann gar nicht mitreden“. Aktivismus von Kriegsversehrten im Kampf um Anerkennung ihrer Leiden
- Ulrike Klöppel: Die Entstehung feministischer Therapie als Alternative zu herkömmlicher Psychotherapie in den 1970er und 1980er Jahren
- Viola Balz: Frauenalkoholismus: feministische Suchtkritik und ihre Gegenbewegung 1970-1985
- Susanne Doetz: „Zum Verrücktwerden“. Die Generierung feministischer Psychiatriekritik am Beispiel der Zeitschrift Courage, 1978–1980
- Karen Nolte: „Lesbische Frauen sind mit gemeint und allenfalls eine Randbemerkung wert…“ Lesbischer Aktivismus und Feministische Therapie in der westdeutschen Frauenbewegung zu Beginn der 1990er Jahre
- Marlene Friedrich: Die westdeutsche Geschichtswissenschaft in den 1980er Jahren in geschlechter- und wissenshistorischer Perspektive: Netzwerke, Machtstrukturen, Selbstverständnisse
- Lara Büchel: Geisteswissenschaftlerinnen als Verliererinnen der Wende? Gleichstellungs- und Frauenpolitik an den Universitäten während der Umbruchszeit
- Elisa Satjukow: It’s (still) a Men’s World? Postsozialistische Perspektiven auf Wissen und Geschlecht an den Hochschulen nach 1989/90
- Verena Halsmayer: „Counter-planning from the shop floor“: Alternative Ökonomien, situiertes Planungswissen und der Lucas Plan
- Elias Blüml: Früher Radfahraktivismus im Königreich Bayern
Dass Wissenschaft, Medizin und Technik nicht isoliert von ihren kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Kontexten stehen, gehört zu den grundlegenden Einsichten der neueren Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte. Die Trias von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit wurde seit den 1970er Jahren insbesondere vor dem Hintergrund sozialer Bewegungen um „Aktivismus“ als weiteres Element ergänzt: Politische Praktiken, die auf gesellschaftliche Veränderung abzielten, gingen zunehmend mit der Forderung nach Anerkennung und Beteiligung neuer Akteur:innen und deren Wissensformen am hegemonialen wissenschaftlichen, medizinischen und technologischen Diskurs einher. Gleichzeitig ist gesellschaftspolitisches Engagement durch und in Wissenschaft, Medizin und Technik kein neues Phänomen, sondern quer durch die Geschichte hindurch belegt.
Die Gesellschaft für Geschichte der Wissenschaften, der Medizin und der Technik (GWMT) lädt dazu ein, während der Jahrestagung 2024 in Lüneburg das Verhältnis von Wissenschaft, Medizin, Technik und Aktivismus in seiner ganzen historischen Breite zu beleuchten und dabei auch das Verhältnis der Wissenschafts-, Medizin- und Technikgeschichte zu aktivistischen Forderungen und Praktiken zu diskutieren.
Zu diesem Zweck muss zunächst eine grundsätzliche Klärung zentraler Begriffe, Diskurse und Sozialfiguren vorgenommen werden: Wer gilt im Bereich der Wissenschaften, Medizin und Technik als „Aktivist“ oder „Aktivistin“? Was ist unter „Aktivismus“ eigentlich zu verstehen, welche verschiedenen Verwendungsweisen lassen sich dabei historisch ausmachen und in welchem Verhältnis steht und stand der Begriff zu dem der Politik bzw. dem des Politischen? Wie verhält sich Aktivismus zu Formen der „Kritik“ oder des „Protests“? Wann und in welchen historischen Konstellationen taucht die Sozialfigur des:r Aktivist:in im affirmativen Sinn als Akteurskategorie auf, und unter welchen Umständen wird der Begriff in pejorativer Absicht verwendet, um das Gegenüber zu diskreditieren und ihm mangelnde Distanz und Objektivität sowie ideologische Verstrickungen vorzuwerfen? Und seit wann kann man überhaupt von „Aktivismus“ in Wissenschaft, Medizin und Technik sprechen? Lässt sich der Begriff fruchtbringend auf diverse historische, auch vormoderne Praktiken politischen Handelns anwenden, die auf gesellschaftliche Veränderung abzielen? Welche Effekte und neue Einsichten ergeben sich daraus, wenn man historische Akteur:innen der Vormoderne als „Aktivist:innen“ versteht? Weiterlesen und Quelle … (Web)