CfP: Multiple Gender Cultures. Geschlecht als Analysekategorie aus der Perspektive von Vielfalt und Zusammenhalt (Event: 10/2012, Bochum); DL: 01.03.2012

Ad-hoc-Gruppe im Rahmen des 36. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in Bochum, PD Dr.in Heidemarie Winkel, Universität Potsdam

Zeit: 01.-05.10.2012
Ort: Bochum, Universität Bochum
Deadline: 01.03.2012

Geschlecht ist seit den 1970er Jahren als Analysekategorie kritisch diskutiert und theoretisch weiterentwickelt worden. Gleichwohl ist sie nach wie vor eng auf die strukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen westlich-moderner Gesellschaften bezogen, ob in ihrer Manifestation als individuelles Klassifikationsprinzip, der damit einhergehenden Zurechnung spezifischer Merkmale auf die Person oder im Zusammenhang der sex/gender-Unterscheidung, die die Alltagsordnung der Zweigeschlechtlichkeit auf sozial-theoretischer Ebene reifiziert (Wetterer/Gildemeister 1992). Insofern ist die Kategorie Geschlecht nicht nur eng mit westlicher Gesellschaftsgeschichte verwoben, sondern auch mit ihren Wissensformen und ihren epistemologischen Grundlagen.

Eingedenk der sozialen Situiertheit von Geschlecht im kulturellen Horizont der westlichen Moderne lädt die Ad-hoc-Gruppe dazu ein, das analytische Potential dieser Analysekategorie anhand unterschiedlicher empirischer Felder und Kontexte aus der Perspektive von Vielfalt und Zusammenhalt zu diskutieren, und die Konturen der Geschlechterkategorie auf diese Weise zu erweitern. Dies kann am Beispiel ausgewählter Zivilisationsräume und Länder geschehen, interkulturelle Sozialräume und den Wandel ethnisch-kultureller Gemeinschaften eingeschlossen, oder auch in vergleichender Perspektive, beispielsweise um Disparitäten auf regionaler Ebene, ob innerhalb Europas oder anderen Weltregionen, herauszuarbeiten. Im Hintergrund steht die weltweite Zunahme multipler Realitäten und der jeweils anderen Eigendynamiken folgende Wandel von Geschlechterverhältnissen in nicht-westlichen Gesellschaften. Diesbezüglich werden drei Annahmen zugrunde gelegt:

  1. Geschlechterverhältnisse stellen weltweit trotz gesellschaftlichen Wandels weiterhin ein tragendes Moment sozialen Zusammenhalts dar. Sie sorgen – nicht nur in der westlichen Moderne – dafür, dass sich das Spannungsverhältnis von Vielfalt und Zusammenhalt angesichts gegenwärtigen Wandels in Grenzen hält (vgl. u.a. den sogenannten arabischen Frühling, aber z.B. auch Osteuropa).
  2. Im Anschluss an Eisenstadts multiple modernities approach wird davon ausgegangen, dass sich Geschlechterverhältnisse in unterschiedlichen zivilisatorischen Kontexten und Gesellschaftsräumen auf vielfältige Weise begründen können. Das auf dem Dimorphismus aufbauende Axiom sexueller Differenz, der hieran knüpfende Geschlechtervertrag mit seiner spezifischen Form gesellschaftlicher Arbeitsteilung und der klassischen Dichotomie von privat und öffentlich, stellt nur eines von verschiedenen Konstitutionsprinzipien geschlechtlicher Vergesellschaftung dar, und zwar trotz Globalisierung, verschränkter Gesellschaftsgeschichten und der Existenz universalen Wissens.
  3. Eine Vielfalt kultureller Programmatiken begründet weltweit eine soziale Realität multipler Geschlechterkulturen (multiple gender cultures).

Zielsetzung der Ad-hoc-Gruppe: Der Fokus liegt auf der Konzeptualisierung von Geschlecht mit Mitteln soziologischer Theoriebildung vor dem Hintergrund der weltweiten Vielfalt sowie der innergesellschaftlichen Vervielfältigung von Geschlechterrealitäten, ob als Ergebnis endogen induzierten Wandels, interkultureller Austauschprozesse oder als Effekt von Verflechtungsgeschichten. Es wird vorgeschlagen, Geschlecht verstärkt als Konzept zu verstehen, das eine Vielfalt kultureller Programmatiken in sich birgt, die sich in Form multipler symbolischer Sinn- und Deutungshorizonte manifestieren. Die Ad-hoc-Gruppe will entsprechend dazu Gelegenheit geben, den Wandel von Geschlechterverhältnissen außerhalb des westlich-europäischen Gesellschaftsraums in einer Weise einzubeziehen, die für das Verständnis von Geschlechterverhältnissen in interkulturellen Konstellationen westlicher Gesellschaften fruchtbar gemacht werden kann.

Beiträge: Neben theoretischen Beiträgen zum Wandel von Strukturen, Praktiken und kulturellen Programmatiken aus geschlechtersoziologischer Perspektive will die Ad-hoc-Gruppe vor allem empirischen Untersuchungen zur inner- und interkulturell existierenden Vielfalt von Geschlechterverhältnissen ein Forum bieten. Dies kann aus unterschiedlichen Perspektiven heraus geschehen, etwa unter Bezugnahme auf rechtliche, politische, wissenschaftliche oder auch religiöse Rahmenbedingungen, oder auch in kulturvergleichender und/oder gesellschaftsgeschichtlicher Perspektive. Im Hintergrund steht das Interesse an den grund-legenden kulturellen Sinn- und Orientierungsmustern, die Geschlechterverhältnisse jeweils bündeln, ordnen und zu einer zentralen Dimension gesellschaftlichen Zusammenhalts machen.

Bitte senden Sie einen maximal 400 Wörter (1 – 1,5 Seiten) umfassenden Vorschlag für einen Beitrag, der die vorgestellte Thematik anhand eines ausgewählten empirischen Beispiels aus geschlechtersoziologischer Perspektive diskutiert, bis zum 01. März 2012 an die Organisatorin der Ad-hoc-Gruppe: Kontakt: PD Dr.in Heidemarie Winkel, Universität Potsdam, heidemarie.winkel@uni-potsdam.de

Quelle: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=18245

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